Tipp-Nr. 37: Erprobung ohne Arbeitsvertrag – Teil 1 Werkvertrag

Ein Arbeitgeber ist daran interessiert, nur solche Arbeitnehmer einzustellen, die die von ihm erwarteten fachlichen und persönlichen Anforderungen erfüllen. Hat er bereits ein Arbeitsverhältnis begründet, ist es ihm nur in den ersten sechs Monaten der Betriebszugehörigkeit möglich, sich ohne Vorliegen kündigungsrechtlich anerkannter Gründe durch fristgerechte Kündigung von einem Arbeitnehmer zu trennen. Während dieser Zeit gilt nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz nicht.

Das Ziel:

Ein Arbeitgeber hat daher ein Interesse daran, Personen möglichst außerhalb des Arbeitsverhältnisses zu „erproben“. Auf diese Weise vermeidet er die Kosten, die ansonsten bei der Beendigung eines Arbeitsvertrages, insbesondere nach Ablauf der Wartezeit, entstehen können. Hierbei ist insbesondere an Arbeitsentgelt zu denken, dass der Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges einem Arbeitnehmer nachträglich zahlen muss, wenn dieser Kündigungsschutzklage erhebt und nach Ablauf der Kündigungsfrist obsiegt. Zu denken ist auch Abfindungen, auf die der Arbeitgeber sich in einem solchen Kündigungsrechtsstreit mit dem Arbeitnehmer verständigt, um dessen einvernehmliches Ausscheiden zu erreichen.

Die falsche Strategie:

Falsch wäre es, wenn der Arbeitgeber mit demjenigen, mit dem er keinen Arbeitsvertrag abschließen möchte, ein gesondertes Probeverhältnis vereinbaren würde. Ein solches Probeverhältnis ist rechtlich außerhalb einer vertraglichen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht anerkannt. Tatsächlich würde in einem solchen Fall ein Arbeitsvertrag begründet werden, obwohl der Arbeitgeber dies gerade nicht wünscht. Entscheidend ist immer die tatsächliche Durchführung. Diese spricht in solchen Fall für einen derartigen Arbeitsvertrag.

Die richtige Strategie:

Eine Lösungsmöglichkeit, um das vom Arbeitgeber angestrebte Ziel zu erreichen, ist die Vereinbarung eines Werkvertrags. Bei einem solchen Werkvertrag wird ein Unternehmer, der Werkunternehmer, für einen anderen Unternehmer, hier für denjenigen, der kein Arbeitsverhältnis wünscht, den Werkbesteller, tätig. Es entsteht kein Arbeitsvertrag, da der Unternehmer, bei dem der Werkunternehmer tätig wird, der Werkbesteller, nicht weisungsberechtigt ist. Der Werkunternehmer bleibt für die Erfüllung und den Erfolg verantwortlich. Er entscheidet allein, welche eigenen Arbeitnehmer mit welchen Arbeitsmitteln er einsetzt. Die Vergütung ist erfolgsbezogen. Der Werkbesteller kann zwar dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen erteilen; diese dürfen sich aber nur auf die Ausführung des Werks beziehen (§ 640 Abs. 1 Satz 1 BGB). Während dieser vertraglichen Beziehung im Rahmen des Werkvertrages kann der Werkbesteller prüfen, ob vom Werkunternehmer eingesetzte Personen eventuell für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ihm in Betracht kommen. Ein Beteiligungsrecht eines beim Werkbestellers vorhandenen Betriebsrats bei der Begründung eines derartigen Werkvertrages besteht nicht, da die Personen, die der Werkunternehmer im Rahmen der Erfüllung des Werkvertrags heranzieht, nicht in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert werden. Entsprechend entfällt auch ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Beendigung des Werkvertrags

Allerdings muss der Werkbesteller, peinlich darauf achten, dass er die Grenze zur Arbeitnehmerüberlassung nicht überschreitet, da ansonsten u.a. staatliche Sanktionen, insbesondere durch Bußgelder, drohen können. Er muss daher darauf achten, dass die Indizien, die für einen Werkvertrag sprechen, auch tatsächlich gegeben sind. Hierzu zählen insbesondere (s. Schaub/Koch, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl., § 120 Rz. 6ff.)

– unternehmerische Eigenverantwortlichkeit und Dispositionsmöglichkeit des Werkunternehmers gegenüber ihm als dem bestellenden Unternehmer

– die Vereinbarung und Erstellung eines qualitativ individualisierbaren und dem Werkunternehmer zurechenbaren Werksergebnisses

– ein ausschließliches Weisungsrecht des Werkunternehmers gegenüber seinen Arbeitnehmern im Betrieb des Besteller und Erfüllung seiner Aufgaben aus dem Werkvertrag

– die Übernahme des Unternehmerrisikos, insbesondere die Gewährleistung sowie

– eine herstellungsbezogene Vergütungsregelung

Will der Werkbesteller weitere Arbeiten von den schon bei ihm tätigen Arbeitnehmern des Werkunternehmers verrichten lassen, darf er folglich keine entsprechenden Weisungen für die Erstellung eines neuen Werks erteilen, da ansonsten die Gefahr einer „gelebten“ Arbeitnehmerüberlassung droht. Er muss vielmehr den Werkunternehmer, zum Beispiel mittels Telefax oder E-Mail, ein neues Vertragsangebot unterbreiten. Der Werkunternehmer ist frei darin, dieses anzunehmen. Erklärt er sich dazu allerdings bereit, kann er seine schon beim Werkbesteller tätigen Arbeitnehmer anweisen, nun auch für ihn im Rahmen des neuen Werkvertrags tätig zu werden. Dieser Weg ist dringend einzuhalten.

Tipp Nr. 36: Vermeidung eines Betriebsteilübergangs durch Zerschlagung

Erwirbt ein Arbeitgeber von einem anderen Arbeitgeber durch Rechtsgeschäft einen Betriebsteil, hat dies nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zur Folge, dass die Arbeitsverhältnisse der in diesem Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber übergehen.

Das Ziel:

Hieran haben möglicherweise der Veräußerer und/oder der Erwerber kein Interesse. Der Veräußerer könnte daran interessiert sein, die entsprechenden Arbeitnehmer zu behalten, weil es sich zum Beispiel um Facharbeiter handelt, die er an anderer Stelle im Unternehmen einsetzen möchte; der Erwerber will möglicherweise von seiner schon vorhandenen Belegschaft die Arbeitsaufgaben erledigen lassen, die durch den Erwerb von Betriebsmitteln auf das Unternehmen neu zukommen, um keine zusätzlichen Personalkosten zu haben. Unter Umständen beurteilt er auch die Qualifikation der bisher beim Veräußerer beschäftigten Arbeitnehmer kritisch. Ziel ist es daher in manchen Fällen, den Übergang der Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, aber dennoch die immateriellen und/oder immateriellen Werte übergehen zu lassen.

Die falsche Strategie:

Falsch wäre es, zwischen Veräußerer und Erwerber eine Vereinbarung zu treffen, nach der es trotz Übergang eines Betriebsteils nicht zum Übergang von Arbeitsverhältnissen kommt. Die Rechtsfolge des § 613 Abs. 1 Satz 1 BGB steht nämlich nicht zur Disposition. Diese Vorschrift ist zwingend. Eine entsprechende Übereinkunft wäre deshalb nach § 134 BGB unwirksam. Dringend davon abgeraten werden muss auch, dass sich der Veräußerer verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, die dem Erwerber dadurch entstehen, dass er sich von den Arbeitnehmern, die kraft Gesetzes nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf ihn übergegangen sind, trennt. Diese Kosten sind nicht kalkulierbar.

Die richtige Strategie:

Ein Übergang eines Betriebsteils auf einen Erwerber iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nur dann vor, wenn die übernommenen Betriebsmittel und/oder Beschäftigten bereits beim Veräußerer eine abgrenzbare organisatorische wirtschaftliche Einheit, dh. einen Betriebsteil dargestellt haben (BAG v. 13.10.2011 – 8 AZR 455/10). Dies können mögliche Veräußerer nutzen. Zeigt ein anderer Arbeitgeber Interesse an einem beim Veräußerer bisher bestehenden Betriebsteil, soll aber die darin beschäftigte Belegschaft nicht auf ihn übergehen, muss der spätere Veräußerer im Vorfeld des Betriebsteilübergangs, d.h. des Übergangs der wirtschaftlichen Einheit, diesen Betriebsteil, insbesondere durch eine  Änderung der Arbeitsorganisation, zerschlagen. Unerheblich ist dann, welche Betriebsmittel bzw. welche bisher beschäftigten Arbeitnehmer aus dem früheren Betriebsteil vom neuen Arbeitgeber erworben bzw. eingestellt werden. Insoweit ist von Bedeutung, in welchen Fällen das BAG von einem Betriebsteil ausgeht. Dieser darf nach der Zerschlagung nicht mehr vorliegen.

Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck, die hinreichend strukturiert und selbständig ist. Eine solche Einheit muss nicht unbedingt bedeutsame materielle oder immaterielle Betriebsmittel umfassen. In bestimmten Wirtschaftszweigen liegen diese Betriebsmittel nämlich oft nur in ihrer einfachsten Form vor und es kommt dort im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an. Daher kann eine organisierte Gesamtheit von Arbeitnehmern, denen eigens und auf Dauer eine gemeinsame Aufgabe zugewiesen ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen, ohne dass weitere Betriebsmittel vorhanden sind. In diesem Zusammenhang ist für die Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit iSv. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG auch zu prüfen, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel bei ihm eine einsatzbereite Gesamtheit dargestellt haben, die als solche dazu ausgereicht haben, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens charakteristischen (Dienst-)leistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile erbringen zu können.

Tipp Nr. 35: Vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt

Häufig gewähren Arbeitgeber Arbeitnehmern freiwillig finanzielle Leistungen. Da sie nicht übersehen können, ob sie auch zukünftig bereit und in der Lage sind, diese freiwilligen Leistungen zu finanzieren, nehmen sie häufig vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte auf. Allein dies wird allerdings wohl in Zukunft nicht mehr ausreichen, die gewünschte Flexibilität zu erhalten.

Die falsche Strategie

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG genügte es, einen Freiwilligkeitsvorbehalt in einen Arbeitsvertrag aufzunehmen, um künftige Ansprüche aus betrieblicher Übung auszuschließen. Nicht erforderlich war bisher, diesen Vorbehalt bei jeder Zahlung zu wiederholen und auf den Vorrang von Individualabreden hinzuweisen (BAG  08.12.2010 – 10 AZR 671/09; BAG  30.07.2008 – 10 AZR 606/07).

Von dieser Rechtsprechung weicht das BAG in einer neuen Entscheidung nun ab. Wörtlich führt das BAG aus (BAG 14.9.2011 – 10 AZR 526/10):

„Der Senat hat bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne den Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten Zahlung so erschüttern kann, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann. Die vorliegende Fallgestaltung mit einer mehr als 20 Jahre lang erfolgten vorbehaltlosen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung lässt eine entsprechende Annahme als zweifelhaft erscheinen.“

Zusätzlich verlangt das BAG einen Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 305b BGB, nach der künftige Individualabsprachen  einem derartigen Freiwilligkeitsvorbehalt in jedem Fall vorgehen (BAG 14.9.2011 – 10 AZR 526/10).

„Mit diesem Vorrang der Individualabrede ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu vereinbaren, der so ausgelegt werden kann, dass er Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt.“

Dieses Beispiel zeigt, dass das strategische Arbeitsrecht nicht nur bedeutet, eine von mehreren arbeitsrechtlichen Vorgehensweisen, mit deren Hilfe ein bestimmtes arbeitsrechtliches Ziel erreicht werden kann, nach sorgfältiger Abwägung auszuwählen und durchzuführen. Es muss später zusätzlich immer kontrolliert werden, ob die einmal gewählte Strategie nicht aufgrund von Änderungen in der Rechtsprechung oder Gesetzgebung geändert werden muss (siehe ausführlich Kleinebrink, BB 2010, 2448).

Die richtige Strategie.

Zukünftig sollte – weiter – ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt aufgenommen werden, der allerdings den Vorrang von Individualabreden betont.

„Bei nicht tariflich oder aufgrund sonstiger Rechtsgrundlage geschuldeten Gratifikationen, Prämien, und sonstigen Einmalzahlungen des Arbeitgebers, die nicht Bestandteil des laufenden monatlichen Arbeitsentgelt sind, handelt es sich um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn durch eine Individualabrede ein Rechtsanspruch begründet wird.“

Außerdem sollte aber bei jeder Einmalzahlung, die vom Arbeitgeber freiwillig gewährt wird, ein Hinweis darauf erfolgen, dass

– die entsprechende Einmalzahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erbracht wird,

– aus der tatsächlichen Gewährung der Einmalzahlung keine Rechtsansprüche für die Zukunft hergeleitet werden können,

– dies auch dann gilt, wenn die Leistung mehrfach und ohne ausdrücklichen Hinweis darauf erfolgt, dass aus der Leistung Rechtsansprüche für die Zukunft nicht entstehen können.

Im Hinblick darauf, dass eine betriebliche Übung erst bei dreimaliger vorbehaltlose Gewährung der freiwillige Leistung angenommen wird, wird man sich darauf beschränken können, einen entsprechenden Hinweis bei jeder 2. Gewährung der Einmalzahlung vorzunehmen. Es muss allerdings für einen beweissicheren Zugang des entsprechenden Hinweises bei jedem einzelnen Arbeitnehmer, der eine entsprechende Leistung erhält, gesorgt werden.

Tipp Nr. 34: „Betriebsvereinbarungsoffen“ -Flexibilisierung von Vertragsbedingungen durch Betriebsvereinbarungen

Arbeitgeber sind regelmäßig daran interessiert, insbesondere finanzielle Vertragsbedingungen äußerst flexibel zu gestalten, um zum Beispiel in Krisenzeiten möglichst rasch Personalkosten senken zu können.

Die falsche Strategie

In der Praxis herrscht in Unternehmen häufig die Ansicht vor, dies sei allein schon durch Änderungskündigungen iSd § 2 KSchG möglich. Auf Vertragsgestaltung wird deshalb insoweit kein besonderer Wert gelegt. Dabei wird aber übersehen, dass Änderungskündigungen, die allein dazu dienen sollen, in das Arbeitsentgelt einzugreifen, regelmäßig sozial nicht  gerechtfertigt sind. Eine Ausnahme erkennt das BAG nur dann an, wenn die Unrentabilität des Betriebes einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages entgegensteht. Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen kann allerdings auch dann nur vorliegen, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft (BAG 27.09.2001 – 2 AZR 236/00).

Die richtige Strategie.

Offen halten sollte sich ein Arbeitgeber daher die Möglichkeit, arbeitsvertragliche Bedingungen auch durch Betriebsvereinbarungen zulasten von Arbeitnehmern abzuändern. Ein Arbeitgeber kann in Arbeitsverträgen geregelte finanzielle Bedingungen auch zulasten der betroffenen Arbeitnehmer durch eine Betriebsvereinbarung eingreifen, wenn die vertragliche Regelung „betriebsvereinbarungsoffen “ ist, weil sie einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vorbehalt der Ablösung durch eine spätere Betriebsvereinbarung enthält (siehe neuerdings z.B. BAG 16.11. 2011 – 10 AZR 60/11).

Im Falle des Übergangs von Arbeitsverhältnissen nach § 613 a Abs. 1 BGB sollte der Erwerber im Vorfeld prüfen, ob die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer, deren neuer Arbeitgeber er kraft Gesetzes werden würde, derartige Öffnungsklausel enthalten. Regelmäßig können ihm derartige Klauseln dann ermöglichen, durch Betriebsvereinbarung vom Veräußerer freiwillig zusätzlich gewährte und im Arbeitsvertrag enthaltene finanzielle Leistungen, zu reduzieren, um zumindest diesen Teil der Arbeitsbedingungen mit denen seiner Belegschaft zu vereinheitlichen.

Derzeit ist – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht geklärt, welche Anforderungen an eine entsprechende Öffnungsklausel im Arbeitsvertrag zu stellen sind. Bedenkt man, dass es sich bei entsprechenden Klauseln regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, sollten die Vorgaben der §§ § 305f.. BGB unbedingt beachtet worden werden, insbesondere die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB und das Transparenzgebot des § 307 BGB. Deutlich werden muss für den Arbeitnehmer, dass die Regelungen in der späteren Betriebsvereinbarung auch dann den Bestimmungen aus dem Vertrag vorgehen, wenn die Betriebsvereinbarung aus seiner Sicht schlechter sind.

Folgende Formulierung ist denkbar:

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass die mit dem Betriebsrat bereits abgeschlossenen und noch abzuschließenden Betriebsvereinbarungen den Regelungen in diesem Vertrag oder anderen einzelvertraglichen Absprachen auch dann vorgehen, wenn die vertragliche Regelung im Einzelfall günstiger ist“ (Preis/Preis, Der Arbeitsvertrag, 3. Auflage 2009, II O 10 Rz. 2).

In der Betriebsvereinbarung muss deutlich werden, welche vertraglichen Bestandteile durch sie abgelöst werden sollen. Zweifel gehen auch insoweit zulasten des Arbeitgebers, so dass dieser dann mangels einer ablösenden Regelung Gefahr läuft, die in der Betriebsvereinbarung enthaltenen finanziellen Leistungen zusätzlich zu den schon im Vertrag geregelten finanziellen Bedingungen gewähren zu müssen (BAG 16.11. 2011 – 10 AZR 60/11).

Tipp Nr. 33: Vermeidung von Annahmeverzug durch Prozessbeschäftigung

Kündigt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, geht er ein erhebliches finanzielles Risiko für den Fall ein, dass ein Arbeitsgericht auf eine entsprechende Klage des Arbeitnehmers die Kündigung rechtskräftig für nicht rechtmäßig hält. Infolge einer solchen unwirksamen Kündigung gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, ohne dass es eines Angebots des Klägers im Sinne des § 296 BGB bedurft hätte (vgl. nur BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 16/08). Der Arbeitnehmer steht nicht nur weiterhin in einem Arbeitsverhältnis zu ihm; er muss ihm auch das Arbeitsentgelt für den Zeitraum nachzahlen, während dem er den Arbeitnehmer aufgrund des Ablaufs der Kündigungsfrist nicht beschäftigt und deshalb auch nicht vergütet hat.

Die falsche Strategie:

Nicht empfehlenswert ist, diese Differenzzahlung ohne weiteres zu riskieren. Zu bedenken ist nämlich, dass sich der Arbeitnehmer auf die Annahmeverzugsvergütung im Sinne des § 615 Satz 1 BGB nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG anrechnen lassen muss, was er bei seinem Arbeitgeber nach Ablauf der Kündigungsfrist zu verdienen böswillig unterlassen hat. Dieser hat es daher in der Hand, durch eine so genannte Prozessbeschäftigung sein Annahmeverzugsrisiko zu mindern. Bei ihr beschäftigt der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer – oder den Arbeitnehmer, der eine wirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses bestreitet – zeitlich befristet bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits weiter. Eine solche Prozessbeschäftigung sollte zumindest angedacht werden; ob diese rechtliche Gestaltungsmöglichkeit dann genutzt wird, ist eine Frage des Einzelfalls.

Die richtige Strategie

Nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG muss sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen, was er hätte verdienen. Dabei kommt eine Anrechnung auch in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers im Verzug befindet, d.h. bei dem Arbeitgeber, der die Kündigung erklärt hat.

Die Beschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber muss allerdings zumutbar sein. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit und den sonstigen Arbeitsbedingungen haben. Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen.

Nach einer neuen Entscheidung des BAG (17.11.2011 – 5 AZR 564/10) ist die nichtvertragsgemäße Arbeit im Rahmen einer Prozessbeschäftigung aber nicht ohne weiteres mit unzumutbarer Arbeit gleichzusetzen.

Eine solche Prozessbeschäftigung bedarf allerdings einer einvernehmlichen schriftlichen Regelung nach § 14 Abs. 4 TzBfG zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, da es sich im ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt (BAG v. 22.10.2003 – 7 AZR 113/03).

Zumindest überlegt werden sollte deshalb immer, ob der Arbeitnehmer nicht während der Dauer des Rechtsstreits auch dann weiter beschäftigt werden soll, wenn ihm nur eine nicht vertragsgemäß geschuldete Arbeit angeboten werden kann, um auf diese Weise das Annahmeverzugsrisiko zu verringern.

Eine solche Prozessbeschäftigung sollte regelmäßig allerdings nur bei einer Kündigung aus personenbedingten Gründen oder bei einer ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen erwogen werden. Sie ist auch dann denkbar, wenn die Parteien über die wirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses streiten.

Vorsichtig sollte mit ihr bei einer betriebsbedingten Kündigung umgegangen werden Bei einer solchen Kündigung setzt sich der Arbeitgeber mit dem Angebot einer Prozessbeschäftigung möglicherweise mit dem Kündigungsgrund im Widerspruch. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Betriebsbedingte Kündigung besteht nämlich nur dann, wenn spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist der Arbeitsplatz entfallen ist. Beschäftigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Ablauf der Kündigungsfrist bei einer solchen betriebsbedingten Kündigung hinaus, könnte ein Gericht daraus schließen, dass es tatsächlich zum Wegfall des Arbeitsplatzes nicht gekommen ist, sofern der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mit einer anderen nichtvertragsgemäßen Arbeit beschäftigt, die nachweisbar nur befristet vorhanden ist und keinen eigenständigen Arbeitsplatz darste