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Tipp-Nr. 37: Erprobung ohne Arbeitsvertrag – Teil 1 Werkvertrag

Ein Arbeitgeber ist daran interessiert, nur solche Arbeitnehmer einzustellen, die die von ihm erwarteten fachlichen und persönlichen Anforderungen erfüllen. Hat er bereits ein Arbeitsverhältnis begründet, ist es ihm nur in den ersten sechs Monaten der Betriebszugehörigkeit möglich, sich ohne Vorliegen kündigungsrechtlich anerkannter Gründe durch fristgerechte Kündigung von einem Arbeitnehmer zu trennen. Während dieser Zeit gilt nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz nicht.

Das Ziel:

Ein Arbeitgeber hat daher ein Interesse daran, Personen möglichst außerhalb des Arbeitsverhältnisses zu „erproben“. Auf diese Weise vermeidet er die Kosten, die ansonsten bei der Beendigung eines Arbeitsvertrages, insbesondere nach Ablauf der Wartezeit, entstehen können. Hierbei ist insbesondere an Arbeitsentgelt zu denken, dass der Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges einem Arbeitnehmer nachträglich zahlen muss, wenn dieser Kündigungsschutzklage erhebt und nach Ablauf der Kündigungsfrist obsiegt. Zu denken ist auch Abfindungen, auf die der Arbeitgeber sich in einem solchen Kündigungsrechtsstreit mit dem Arbeitnehmer verständigt, um dessen einvernehmliches Ausscheiden zu erreichen.

Die falsche Strategie:

Falsch wäre es, wenn der Arbeitgeber mit demjenigen, mit dem er keinen Arbeitsvertrag abschließen möchte, ein gesondertes Probeverhältnis vereinbaren würde. Ein solches Probeverhältnis ist rechtlich außerhalb einer vertraglichen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht anerkannt. Tatsächlich würde in einem solchen Fall ein Arbeitsvertrag begründet werden, obwohl der Arbeitgeber dies gerade nicht wünscht. Entscheidend ist immer die tatsächliche Durchführung. Diese spricht in solchen Fall für einen derartigen Arbeitsvertrag.

Die richtige Strategie:

Eine Lösungsmöglichkeit, um das vom Arbeitgeber angestrebte Ziel zu erreichen, ist die Vereinbarung eines Werkvertrags. Bei einem solchen Werkvertrag wird ein Unternehmer, der Werkunternehmer, für einen anderen Unternehmer, hier für denjenigen, der kein Arbeitsverhältnis wünscht, den Werkbesteller, tätig. Es entsteht kein Arbeitsvertrag, da der Unternehmer, bei dem der Werkunternehmer tätig wird, der Werkbesteller, nicht weisungsberechtigt ist. Der Werkunternehmer bleibt für die Erfüllung und den Erfolg verantwortlich. Er entscheidet allein, welche eigenen Arbeitnehmer mit welchen Arbeitsmitteln er einsetzt. Die Vergütung ist erfolgsbezogen. Der Werkbesteller kann zwar dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen erteilen; diese dürfen sich aber nur auf die Ausführung des Werks beziehen (§ 640 Abs. 1 Satz 1 BGB). Während dieser vertraglichen Beziehung im Rahmen des Werkvertrages kann der Werkbesteller prüfen, ob vom Werkunternehmer eingesetzte Personen eventuell für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ihm in Betracht kommen. Ein Beteiligungsrecht eines beim Werkbestellers vorhandenen Betriebsrats bei der Begründung eines derartigen Werkvertrages besteht nicht, da die Personen, die der Werkunternehmer im Rahmen der Erfüllung des Werkvertrags heranzieht, nicht in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert werden. Entsprechend entfällt auch ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Beendigung des Werkvertrags

Allerdings muss der Werkbesteller, peinlich darauf achten, dass er die Grenze zur Arbeitnehmerüberlassung nicht überschreitet, da ansonsten u.a. staatliche Sanktionen, insbesondere durch Bußgelder, drohen können. Er muss daher darauf achten, dass die Indizien, die für einen Werkvertrag sprechen, auch tatsächlich gegeben sind. Hierzu zählen insbesondere (s. Schaub/Koch, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl., § 120 Rz. 6ff.)

– unternehmerische Eigenverantwortlichkeit und Dispositionsmöglichkeit des Werkunternehmers gegenüber ihm als dem bestellenden Unternehmer

– die Vereinbarung und Erstellung eines qualitativ individualisierbaren und dem Werkunternehmer zurechenbaren Werksergebnisses

– ein ausschließliches Weisungsrecht des Werkunternehmers gegenüber seinen Arbeitnehmern im Betrieb des Besteller und Erfüllung seiner Aufgaben aus dem Werkvertrag

– die Übernahme des Unternehmerrisikos, insbesondere die Gewährleistung sowie

– eine herstellungsbezogene Vergütungsregelung

Will der Werkbesteller weitere Arbeiten von den schon bei ihm tätigen Arbeitnehmern des Werkunternehmers verrichten lassen, darf er folglich keine entsprechenden Weisungen für die Erstellung eines neuen Werks erteilen, da ansonsten die Gefahr einer „gelebten“ Arbeitnehmerüberlassung droht. Er muss vielmehr den Werkunternehmer, zum Beispiel mittels Telefax oder E-Mail, ein neues Vertragsangebot unterbreiten. Der Werkunternehmer ist frei darin, dieses anzunehmen. Erklärt er sich dazu allerdings bereit, kann er seine schon beim Werkbesteller tätigen Arbeitnehmer anweisen, nun auch für ihn im Rahmen des neuen Werkvertrags tätig zu werden. Dieser Weg ist dringend einzuhalten.