Tipp Nr. 75: Zeugnis: Gestaltung der Leistungsbewertung

Ist ein Arbeitnehmer mit der Bewertung seiner Leistung in einem Zeugnis nicht einverstanden, hat er arbeitsrechtlich die Möglichkeit, gerichtlich einen Anspruch auf Zeugnisberichtigung zu verfolgen. Aus Sicht vieler Arbeitgeber sind derartige Verfahren zeitraubend und kostenträchtig.

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch wäre es vom Arbeitgeber, die Bewertung der Leistung eines Arbeitnehmers in einem qualifizierten Zeugnis ohne Berücksichtigung der Verteilung der Darlegungs- und  Beweislast, die in derartigen gerichtlichen Verfahren gilt, vorzunehmen. Ist sich das Gericht nicht sicher, ob der geltend gemachte Anspruch besteht, unterliegt die Partei, die diese Darlegungs- und Beweislast für diesen Anspruch trägt. Das Tragen der Darlegungs- und Beweislast ist damit „der halbe Prozessverlust“. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen; Sache des Arbeitgebers ist es, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die dem Anspruch entgegenstehen. Demnach müsste der Arbeitnehmer immer vortragen, aus welchen Gründen ihm eine bessere Bewertung seiner Leistungen zusteht als diejenige, die ihm vom Arbeitgeber bescheinigt wurde. Bei der Bewertung des Verhaltens eines Arbeitnehmers in einem qualifizierten Zeugnis weicht die Rechtsprechung aber von diesem Grundsatz ab. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unterdurchschnittlich beurteilt, so ist es Sache des Arbeitgebers die Tatsachen vorzutragen, die diese unterdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer eine überdurchschnittliche Beurteilung gelangt, hat er die hierfür erforderlichen Tatsachen vorzutragen.

Die richtige Strategie:

Die richtige Strategie besteht für Arbeitgeber somit darin zu überlegen, ob es die Leistungen des Arbeitnehmers rechtfertigen, ihm keine unterdurchschnittliche Leistung zu bescheinigen, um ihn von einem derartigen Verfahren abzuhalten. Er hat bei der Beurteilung der Leistung des Arbeitnehmers einen Beurteilungsspielraum.

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er nach einem neuen Urteil des BAG (18.11.2014 – 9 AZR 584/13) in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.

Ein Arbeitgeber geht daher strategisch richtig vor, wenn er die von dem Arbeitnehmer gezeigten Leistungen im Zeugnis mit mindestens „zur vollen Zufriedenheit“ bewertet, sofern dies nicht offensichtlich den gezeigten Leistungen widerspricht. Dies wird aber nur selten der Fall sein. Der Arbeitnehmer hat dann in einem gerichtlichen Verfahren aufgrund der ihn nun treffenden Darlegungs- und Beweislast nur geringe Chancen, eine bessere Leistung zu erstreiten. Dies wird ihn – bei guter Beratung – regelmäßig davon abhalten, einen solchen Prozess zu führen.

Tipp Nr. 74: Mindestlohn – Flexibilisierung der Arbeitszeit als Strategie

Ab dem 1. Januar 2015 hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns gegenüber dem Arbeitgeber (§ 1 Abs. 1 MiLoG; § 20 MiLoG). Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab diesem Zeitpunkt 8,50 € je Zeitstunde. (§ 1 Abs. 2 MiLoG). Die gesetzlichen Vorgaben zum Mindestlohn muss der Arbeitgeber auch dann beachten, wenn er die Arbeitszeit anderweitig verteilt, d.h. flexibilisiert.

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch wäre es vom Arbeitgeber, wenn er Arbeitsstunden, die über die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit hinausgehen, nicht oder erst geraume Zeit nach Ihrer Leistung bezahlt. Hinsichtlich dieser Stunden würde er dann den Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht erfüllen. Der Mindestlohn ist spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, fällig, sofern sich nicht ein früherer Fälligkeitszeitpunkt aus anderen Vorschriften ergibt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG). Er liefe Gefahr, ein Bußgeld zahlen zu müssen, das bis zu 500.000 € betragen kann (§ 21 Abs. 3 MiLoG iVm § 20 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG).

Die richtige Strategie:

Die richtige Strategie besteht für Arbeitgeber darin, die Arbeitszeit zu flexibilisieren. Die genannte Fälligkeitsregelung gilt nämlich nicht, wenn die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Stunden auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellt werden, sofern spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitwährung oder Zahlung des Mindestlohns ein Ausgleich erfolgt (§ 2 Abs. 2 MiLoG). Denkbar ist auch, das Arbeitsentgelt zu verstetigen (§ 2 Abs. 2 MiLoG). Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das für die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit geschuldete Arbeitsentgelt unabhängig von der Zahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zahlt. Über das Arbeitszeitkonto findet dann ein Ausgleich nur noch Zeit statt.

Für die Vereinbarung einer derartigen flexibilisierten Arbeitszeit bedarf es allerdings einer Rechtsgrundlage, die sich insbesondere aus einem einschlägigen Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag ergeben kann. Besteht ein Betriebsrat, ist außerdem dessen Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beachten.

Tipp Nr. 73: Mindestlohn – Strategien bei geringfügiger Beschäftigung

Ab dem 1. Januar 2015 hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns gegenüber dem Arbeitgeber (§ 1 Abs. 1 MiLoG; § 20 MiLoG). Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab diesem Zeitpunkt 8,50 € je Zeitstunde. (§ 1 Abs. 2 MiLoG).

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch wäre es vom Arbeitgeber, in Zusammenhang mit dieser Neuregelung Arbeitnehmer die nur geringfügig beschäftigt sind („450 € Kräfte“), auszuklammern. Diese Personengruppe ist lediglich im Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht gegenüber Arbeitnehmern, die einen höheren Verdienst aufweisen, bevorzugt. Ansonsten handelt es sich um ganz normale Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts.

Beachtet der Arbeitgeber dies nicht und zahlt er dieser Personengruppe deshalb nicht mindestens den gesetzlich vorgesehenen Mindestlohn, muss er mit erheblichen finanziellen Nachteilen rechnen. Ihm droht ein Bußgeld bis zu 500.000 € (§ 21 Absatz 3 MiLoG iVm § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG)

Die richtige Strategie:

Der Arbeitgeber hat zu prüfen, wie viele Stunden Arbeitszeit pro Woche er mit dem Arbeitnehmer, der geringfügig beschäftigt ist, vereinbart hat. Anschließend ist festzustellen, ob bei dem gezahlten monatlichen Arbeitsentgelt der Mindeststundenlohn in Höhe von 8,50 € je Zeitstunde erreicht wird. Ist dies nicht der Fall, ist das Arbeitsentgelt zu erhöhen. Im Monat dürfen 39 Stunden allerdings nicht überschritten werden, wenn der Arbeitnehmer 450 € monatlich erhält, um insbesondere die sozialversicherungsrechtlichen Vorteile nutzen zu können. Gegebenenfalls ist mit dem Arbeitnehmer einvernehmlich die Arbeitszeit herabzusetzen.

Ferner muss der Arbeitgeber Aufzeichnungspflichten bei dieser Personengruppe beachten. Er ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertag aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren (§ 17 Abs. 1 MiLoG). Diese Aufzeichnungspflicht soll den Zollbehörden die entsprechenden Kontrollen ermöglichen. Unterlässt er dies, droht ihm ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 € (§  21 Absatz 3 MiLoG iVm § 21 Abs. 1 Nr. 7 MiLoG).

Tipp Nr. 72: Strategien für einen nachweisbaren Zugang von Kündigungen

Viele Fehler im Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses sind vermeidbar. Hierzu gehört insbesondere, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigung auf eine Art und Weise übermittelt, die es ihm später nicht mehr ermöglich, gegenüber dem Gericht zu beweisen, dass der Arbeitnehmer diese überhaupt bekommen hat.

Die falsche Strategie:

Von einer Übermittlung auf dem Postweg ist dringend abzuraten. Bei einem einfachen Brief wird es dem Arbeitgeber nie gelingen zu beweisen, dass der Arbeitnehmer die darin enthaltene Kündigung bekommen hat, wenn der Arbeitnehmer den Zugang bestreitet. Es gibt insbesondere keinen Erfahrungssatz, dass jeder Brief den Adressaten auch erreicht. Bei Übergabeeinschreiben trifft der Postbote den Arbeitnehmer möglicherweise nicht persönlich an; er hinterlässt den Brief dann bei der Post. Ein Zugang wäre erst bewirkt, wenn der Arbeitnehmer ihn dann dort abholt. Beim Einwurf-Einschreiben verlangen manche Gerichte, dass der Postbote als Zeuge im Kündigungsschutzprozess für den Beweis des Zugangs des Schreibens, das die Kündigung enthält, benannt wird: Dieser muss sich dann erinnern, dass er den Brief tatsächlich in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen hat. Der entsprechend unterschriebene Beleg des Postboten wird häufig nicht als ausreichend angesehen. Einen derartigen Beweis wird der Arbeitgeber ebenfalls nicht führen können.

Die richtige Strategie:

Nur zwei Übermittlungswege sind empfehlenswert. Ist der zu kündigende Arbeitnehmer im Betrieb anwesend, sollte ihm das Schreiben von einem Personalverantwortlichen persönlich übergeben werden. Befindet sich dies in einem Brief, müsste der Personalverantwortlicher dieses Schreibens vorher selbst in den Briefumschlag gesteckt oder gesehen haben, wie es in den Umschlag gelangte. Der Arbeitnehmer sollte gebeten werden, auf einer Kopie des Kündigungsschreibens den Empfang zu bestätigen. Gezwungen werden kann er hierzu allerdings nicht. Weigert er sich, sollte der Personalverantwortliche in einem Vermerk festhalten, dass er das Kündigungsschreiben vom… (Datum) am… (Datum) dem Arbeitnehmer… (Name) persönlich übergeben hat. Dieses Schreiben wäre von ihm zu unterschreiben und zur Personalakte zu nehmen.

Ist der zu kündigende Arbeitnehmer nicht im Betrieb anwesend, muss das Kündigungsschreiben ihm mittels Boten übermittelt werden. Dieser Bote muss zugegen sein, wenn das Kündigungsschreiben in den Briefumschlag gesteckt wird. Er hat dies in einem Vermerk mit etwa folgendem Wortlaut festzuhalten: „Ich habe heute gesehen, wie das Kündigungsschreiben vom… an Herrn/Frau… in einen Briefumschlag von… gesteckt wurde.“ Ort, Datum, Unterschrift.

Sodann hat der Bote diesen Brief mit dem Kündigungsschreiben in den Hausbriefkasten des zu kündigenden Arbeitnehmers einzuwerfen. Auch dies ist von ihm durch einen Vermerk zu bestätigen. Dieser könnte sinngemäß folgenden Wortlaut haben: „Ich habe heute das in meinem vorherigen Vermerk festgehalten Kündigungsschreiben an Herrn/Frau… persönlich in dessen/deren Hausbriefkasten am… (Datum) um… (Uhrzeit) eingeworfen. Ort, Datum, Unterschrift.

Sollten sich in der Briefkastenanlage mehrere Hausbriefkästen befinden, auf denen allein derselbe Nachname wie der des zu kündigenden Arbeitnehmers steht und lässt sich daher eine eindeutige Zuordnung nicht erreichen, muss in jeden dieser Briefkäste ein Kündigungsschreiben mit Original-Unterschrift eingeworfen werden. Dies ist datenschutzrechtlich unbedenklich. Aufgrund des Vornamens auf dem Briefumschlag dürfen die „falschen“ Adressaten diesen Brief nicht öffnen, da sie nicht der entsprechende Adressat sind. Diese Befugnis steht allein dem zu kündigenden Arbeitnehmer zu.

Tipp Nr. 71: Strategien zur richtigen Durchführung einer Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung

Beabsichtigt ein Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen, muss er nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG eine Sozialauswahl vornehmen. Er muss den Arbeitnehmer auswählen, den die Kündigung am wenigsten „trifft“. Das Gesetz legt in dieser Vorschrift die Kriterien fest, anhand derer dieser Auswahl erfolgen muss. Entscheidend sind die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung.

Die falsche Strategie:

In der Praxis ermitteln Arbeitgeber häufig sogleich die entsprechenden Sozialdaten und beziehen dann alle Arbeitnehmer des Betriebs in die Sozialauswahl ein. Dies ist allerdings falsch und versperrt Arbeitgebern strategische Möglichkeiten.

Die richtige Strategie:

Diese Vorgehensweise verkennt, dass die Sozialauswahl nur unter vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebs durchzuführen ist. Vergleichbar sind in diesem Sinne nur Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz entfällt, mithilfe des ihm zustehenden Direktionsrechts i.S.d. § 106 GewO zuweisen kann.

In einem ersten Schritt muss der Arbeitgeber daher den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmen. Nur unter diesen dann ermittelten Arbeitnehmern ist dann in einem zweiten Schritt anhand der genannten Sozialdaten die Sozialauswahl im engeren Sinne durchzuführen.

Folglich ist es vollkommen unerheblich, dass ein im Vergleich zum gekündigten Arbeitnehmer jüngerer und kürzer beschäftigter Arbeitnehmer weiterbeschäftigt wird, wenn dieser mit dem gekündigten Arbeitnehmer nicht vergleichbar ist.

Im Rahmen der stets vor einer Kündigung nach § 102 BetrVG vorzunehmende Anhörung des Betriebsrats sind diesem dann auch nur namentlich die vergleichbaren Arbeitnehmer, deren Sozialdaten sowie die Abwägungsgründe im Rahmen der Sozialdaten darzulegen, die aus Sicht des Arbeitgebers zur betriebsbedingten Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers geführt haben.

Ist nach Ansicht des Arbeitgebers kein Arbeitnehmer mit dem Arbeitnehmer vergleichbar, dessen Arbeitsplatz entfällt, muss mangels vergleichbarer Arbeitnehmer eine Sozialauswahl im engeren Sinne nicht erfolgen. Dem Betriebsrat sollte im Rahmen der Anhörung dies dann so auch mitgeteilt werden.

Wehrt  sich ein Arbeitnehmer gerichtlich gegen eine ihm erteilte betriebsbedingte Kündigung, kann sich ein Arbeitgeber regelmäßig zunächst darauf beschränken, die Sozialauswahl unter den von ihm als vergleichbar festgestellten Arbeitnehmern darzustellen. Ist der klagende Arbeitnehmer der Auffassung, andere Arbeitnehmer seien in  die Sozialauswahl mit einzubeziehen gewesen, hat er diese regelmäßig namentlich zu benennen und deren Vergleichbarkeit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.