Tipp Nr. 14: Verbrauch der Kündigung durch Abmahnung

Berechtigt, eine Abmahnung zu erklären, sind zum einen alle Personen, die eine Kündigung wirksam vornehmen können. Kündigungsberechtigt und damit abmahnungsbefugt sind demnach aufgrund gesetzlicher Vertretungsmacht zum Beispiel der Geschäftsführer bei einer GmbH, der Vorstand bei einer AG oder der Komplementär bei der OHG und KG. Ein Arbeitgeber kann darüber hinaus Personen durch Rechtsgeschäft bevollmächtigen, Kündigungen für ihn auszusprechen. Dadurch sind diese gleichzeitig ermächtigt, Abmahnungen zu erklären.

Neben den Personen, die eine Kündigung wirksam erklären können, sind auch Vorgesetzte gegenüber den ihnen unterstellten Mitarbeitern berechtigt, eine Abmahnung vorzunehmen, da ihnen gegenüber den Untergebenen das Weisungsrecht obliegt. Abmahnung berechtigt können daher auch Fachvorgesetzte sein, sofern der Arbeitgeber Ihnen ein Weisungsrecht eingeräumt hat, zum Beispiel Meister und Abteilungsleiter.

Die falsche Strategie:

Es ist zumindest in größeren Unternehmen nicht empfehlenswert, Vorgesetzten das Abmahnungsrecht zu  belassen. Erklären diese gegenüber einem Arbeitnehmer eine Abmahnung, wird dadurch das Kündigungsrecht selbst dann verbraucht, wenn der Vorgesetzte vom Inhalt der Personalakte des Arbeitnehmers keine Kenntnis hatte. Der Arbeitgeber kann nicht mehr überprüfen, ob nicht eine Pflichtverletzung vorgelegen hat, die entweder ausnahmsweise auch ohne vorherige Abmahnung zu Kündigung gereicht hätte oder ob in der Personalakte des betreffenden Arbeitnehmers bereits eine einschlägige Abmahnung vorhanden war, die den Arbeitgeber aufgrund der nun erfolgten Pflichtverletzung zu einer Kündigung berechtigt hätte.

Die richtige Strategie:

Auf diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, den Sachverhalt, der die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers darstellt, vom Vorgesetzten – möglichst schriftlich – aufnehmen zu lassen. Dies kann mithilfe eines Erfassungsbogens geschehen. Der Vorgesetzte hat zu notieren, von welchem Arbeitnehmer wann, wo, welche im Einzelnen zu schildernde Pflichtverletzung begangen wurden und wer dies bezeugen kann. Dieser Erfassungsbogen ist von Vorgesetzten dann möglichst kurzfristig an die Personalleitung zu übermitteln. Unterlagen, die Pflichtverletzung belegen, sind beizufügen (zum Beispiel schriftliche Arbeitsanweisungen). Sicherheitshalber sollte er sich davon überzeugen, dass dieses Schreiben dort auch eingegangen ist. Die Personalabteilung kann dann anhand aller ihr vorliegenden Unterlagen entscheiden, welche Art von Disziplinarmaßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt werden soll. Zu einem unfreiwilligen Verbrauch des Kündigungsrechts kann es bei einer derartigen Vorgehensweise nicht kommen, da die Personalabteilung Zugriff zu Personalakte hat und damit alle Unterlagen, die den Arbeitnehmer betreffen, auswerten kann.

Tipp Nr. 13: Einstellung eines Zeitarbeitnehmers und Anfrage bei der Agentur für Arbeit

Beabsichtigt ein Arbeitgeber, einen Zeitarbeitnehmer einzustellen, muss er bedenken, dass ein im Betrieb vorhandener Betriebsrat zuvor nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist. Auch die Einstellung eines Leiharbeitnehmers stellt nach § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG eine Einstellung im Sinne dieser Norm dar. Entscheidend ist allgemein nicht der Abschluss eines Arbeitsvertrages – dieser wird mit einem Zeitarbeitnehmer nicht abgeschlossen –, sondern die Eingliederung in den Betrieb. Aufgrund der Weisungsgebundenheit des Zeitarbeitnehmers ist diese Eingliederung gegeben (BAG v. 13.12.2005 – 1 ABR 51/04).

Die falsche Strategie:

Der Arbeitgeber stellt sogleich einen Antrag beim Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG mit der Bitte, dieser Einstellung des Zeitarbeitnehmers zuzustimmen. Nach einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat in diesem Fall ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Der Arbeitgeber hätte zuvor bei der Agentur für Arbeit nachfragen müssen, ob für die besetzende Stelle dort ein schwerbehinderter Arbeitsloser vorhanden ist. Die in § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX normierte Prüf- und Konsultationspflicht des Arbeitgebers besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, einen frei werdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzen. Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX, berechtigt dies den Betriebsrat, die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu verweigern (BAG v. 23.6.2010 – 7 ABR 3/09). Hat der Arbeitgeber den Zeitarbeitnehmer in diesem Fall bereits eingestellt, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht nach § 101 BetrVG beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme, d.h. die Einstellung des  Zeitarbeitnehmers, aufzuheben.

Die richtige Strategie:

Der Arbeitgeber erkundigt sich vor der Einstellung des Zeitarbeitnehmers bei der Agentur für Arbeit, ob dort ein schwerbehinderter Arbeitsloser für die entsprechende Arbeitsstelle vorhanden ist. Dies sollte so geschehen, dass der Arbeitgeber dies später gegenüber dem Betriebsrat oder dem Gericht auch beweisen könnte. Denkbar ist deshalb insbesondere eine entsprechende schriftliche Auskunft bei der Agentur für Arbeit, die allerdings nachweisbar dort eingegangen sein muss. Benennt die Agentur für Arbeit einen entsprechenden schwerbehinderten Arbeitslosen, muss der Arbeitgeber ihn im Rahmen des Bewerbungsverfahrens berücksichtigen. Es ist insbesondere von ihm darauf zu achten, dass die sonstigen Vorgaben des § 81 Abs. 1 SGB IX eingehalten werden, wenn er den ihn benannten schwerbehinderten Arbeitslosen nicht einstellen möchte. Andernfalls droht ihm eine Entschädigungs – und/oder Schadensersatzklage des abgelehnten schwerbehinderten Bewerbers  nach § 15 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG.

Tipp Nr. 12: Grundlagenaufsatz

Grundlagenaufsatz zur Lehre vom  Strategischen Arbeitsrecht demnächst in der Zeitschrift „Der Betrieb (DB)“!

Titel. „Strategisches Arbeitsrecht – Arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Betriebswirtschaftslehre“

Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung

II. Begriff des Strategischen Arbeitsrechts

III. Ziele des Strategischen Arbeitsrechts

IV. Strategisches Arbeitsrecht als angewandte Betriebswirtschaftslehre

V. Strategisches Arbeitsrecht als Aufgabe der Unternehmensführung

VI. Phasen des Strategischen Arbeitsrechts

1. Bestimmung des zu erreichenden Ziels

2. Bestimmung der verschiedenen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten

3. Bewertung der verschiedenen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten

4. Formulierung und Umsetzung einer arbeitsrechtlichen Strategie

5. Kontrolle der Umsetzung der gefundenen Strategie

a. Kontrolle bei der Umsetzung der Maßnahme

b. Kontrolle nach der Umsetzung der Maßnahme

c. Berücksichtigung neuer Entwicklungen nach Umsetzung der Maßnahme

VII. Beispiele für die Anwendung des Strategischen Arbeitsrechts

1. Arbeitsvertragsrecht

2. Betriebsverfassungsrecht

3. Tarifvertrag

VIII. Zusammenfassung

Tipp Nr. 11: Betriebsrat und Kündigungsfrist

Beabsichtigt ein Arbeitgeber, einem Arbeitnehmer fristgerecht zu kündigen, muss er einen im Betrieb vorhandenen Betriebsrat vor dieser Kündigung ordnungsgemäß anhören (§ 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Der Betriebsrat hat eine Woche Zeit, zu dieser Kündigung schriftlich Stellung zu nehmen (§ 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit hat der Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende. Der Betriebsrat erhält die Anhörung zur Kündigung am 25. des Monats Oktober.

Die falsche Strategie:

Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat in der – aus Beweisgründen schriftlichen – Betriebsratsanhörung unter anderem mit, dass er beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni des Folgejahres zu kündigen. Er geht dabei davon aus, dass der Betriebsrat die ihm zustehende Wochenfrist von einer Woche voll ausschöpft und er deshalb die Stellungnahme erst im November erhält.

Die richtige Strategie:

Ein Betriebsrat ist nicht „gezwungen“ die Wochenfrist, die ihm das Gesetz bei einer Anhörung zur fristgerechten Kündigung einräumt, voll auszuschöpfen. Er kann auch vorher eine abschließende Stellungnahme abgeben. Das Anhörungsverfahren ist dann abgeschlossen; der Arbeitgeber ist berechtigt, die Kündigung zu erklären.

Gibt der Betriebsrat in dem Beispiel noch im Oktober eine solche abschließende Stellungnahme ab, kann der Arbeitgeber zwar bereits fristgerecht kündigen. Aufgrund seiner Mitteilung an den Betriebsrat, die Kündigung erst zum 30. 6. des Folgejahres aussprechen zu wollen, ist er aber an dieses Datum gebunden, so dass er faktisch eine Kündigungsfrist von acht Monaten einhalten muss und einen Monat an Kündigungsfrist verschenkt.

Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber im Beispiel seine Stellungnahme erst im November mit, wäre hingegen das Endedatum mit dem 30. Juni des Folgejahres richtig gewählt.

Da der Arbeitgeber nicht wissen kann, ob ein Betriebsrat bei einer Anhörung zur fristgerechten Kündigung, die er gegen Ende des Monats erhält, noch im laufenden Monat eine Stellungnahme oder erst im kommenden Monat abgibt, sollte er kein konkretes Endedatum im Hinblick auf die beabsichtigte fristgerechte Kündigung im Anhörungsschreiben angeben. Stattdessen sollte er formulieren:

„Wir beabsichtigen, das Arbeitsverhältnis baldmöglichst fristgerecht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende zu kündigen.“

Diese Formulierung ermöglicht dem Arbeitgeber, flexibel zu reagieren. Gibt der Betriebsrat im Beispiel noch im laufenden Monat eine abschließende Stellungnahme ab, kann bereits zum 31. Mai des Folgejahres gekündigt werden. Teilt der Betriebsrat hingegen seine Stellungnahme erst im kommenden Monat, d.h. im November, mit, kann zum 30. Juni des Folgejahres gekündigt werden. Der Arbeitgeber muss in keinem Fall eine zu lange Kündigungsfrist wählen.

Tipp Nr. 10: Betriebsteilübergang und gemeinsamer Betrieb

Beabsichtigt ein Arbeitgeber, einen Betriebsteil zu veräußern, muss er grundsätzlich zuvor eine Betriebsspaltung vornehmen, um einen übertragungsfähigen Betriebsteil zu erhalten.

Die falsche Strategie

Eine Betriebsspaltung stellt eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr.3 BetrVG dar, wenn im Betrieb ein Betriebsrat besteht und in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmer im Unternehmen vorhanden sind. Hierdurch kann es zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen bei Betriebsteilübergängen kommen. Kommt mit dem Betriebsrat keine Einigung über den Interessenausgleich zu Stande, der die Betriebsspaltung zum Inhalt hat, muss der Arbeitgeber zunächst zur Einigungsstelle, um dort das Scheitern der Verhandlungen feststellen zu lassen. Beachtet er dies nicht, drohen ihm erhebliche rechtliche Nachteile. Nimmt er die Betriebsspaltung durch die Veräußerung des Betriebsteils vor, ohne insoweit diese Rechte des Betriebsrats beachtet zu haben, räumen einige Landesarbeitsgerichte dem Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch ein, der  im Wege der einstweiligen Verfügung gegen den Arbeitgeber durchgesetzt werden kann. Ferner kommen Nachteilsausgleichsansprüche der von der Betriebsspaltung betroffenen Arbeitnehmer nach § 113 Abs. 3 BetrVG in Betracht, wobei allerdings es einer besonderen Prüfung bedürfen würde, welche Nachteile im konkreten Fall überhaupt in Betracht kommen.

Die richtige Strategie

Ein Arbeitgeber sollte im Vorfeld eines Betriebsteilübergangs überlegen, ob sich die Betriebsspaltung durch die Bildung eines gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen vermeiden lässt, wenn er befürchten muss, dass es durch das Verhalten des Betriebsrats im Rahmen der Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs zu zeitlichen Verzögerungen kommt, die den Betriebsteilübergang bzw. die Veräußerung des Betriebsteils gefährden.

Wird eine wirtschaftliche Teileinheit durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Rechtsträger , den Erwerber, übertragen, ist mangels einer Spaltung des Betriebs kein Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG gegeben, wenn der beim Veräußerer verbleibende Restbetrieb und der übertragen oder Betriebsteil nicht auch im Hinblick auf die Leitungsmacht in personellen und sozialen Angelegenheiten geteilt werden. Der bisher beim Veräußerer bestehende Betrieb besteht in diesem Fall als gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen fort. Dieser stellt, wie sich aus § 1 Abs. 2 BetrVG ergibt, seinerseits ebenfalls eine betriebsverfassungsrechtliche Einheit dar. Rechtsgestaltend kann daher die betriebsverfassungsrechtliche Einheit des gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen bei der Übertragung von wirtschaftlichen Teileinheiten im Wege des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB dazu genutzt werden, den Übergang eines Betriebsteils auf einen anderen Rechtsträger – zunächst – mitbestimmungsfrei zu gestalten (ausführlich Kleinebrink/Commandeur, Der Übergang einer wirtschaftlichen Teileinheit als Betriebsänderung, NZA 2007,116ff.). Kennzeichen eines derartigen gemeinsamen Betriebs ist, dass die Funktionen des Arbeitgebers institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden und diese sich daher – zumindest stillschweigend – zu einer gemeinsamen Führung des Betriebs rechtlich verbunden haben. Die Spaltung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG kann dann durch Auflösung der einheitlichen Leitungsmacht später nachgeholt werden.

Diese Strategie empfiehlt sich allerdings nur dann, wenn der veräußerte Betriebsteil beim Erwerber als selbstständiger Betrieb fortgeführt wird. Wird der veräußerte Betriebsteil beim Erwerber in einen Betrieb eingegliedert, in dem bereits ein Betriebsrat vorhanden ist, ist dieser Weg so nicht gangbar.