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Tipp Nr. 46: Strategien für eine Freistellungsvereinbarung

Möchte ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag fristgerecht beenden, ist es regelmäßig insbesondere bei Arbeitnehmern einer höheren hierarchischen Ebene sein Ziel, dass der Arbeitnehmer nach Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags nicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Aufhebungsverträge sehen deshalb meistens eine Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung vor. Gleichzeitig möchte er aber oftmals, dass die finanziellen Belastungen einer derartigen Freistellung für ihn so gering wie möglich ausfallen.

Die falsche Strategie.

Während der Dauer einer einvernehmlichen Freistellung muss der Arbeitgeber regelmäßig dem Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Vergütung weiterzahlen. In der Praxis glauben viele Arbeitgeber aber, dass sich diese Vergütungsansprüche automatisch um das Arbeitsentgelt verringern, die der Arbeitnehmer während der Dauer einer Freistellung bei einem anderen Arbeitgeber erzielt. Ebenso sind sie der Auffassung, dass das vertragliche Wettbewerbsverbot, das § 60 HGB vorsieht, zumindest bei einem wettbewerbswidrigen Verhalten während dieser Zeit eine Verrechnung der vom Arbeitnehmer anderweitig erzielten Vergütung ermöglicht. Eine neuere Entscheidung des BAG zeigt – erneut – dass diese Annahmen nicht zutreffen und außergerichtliche Aufhebungsverträge sorgfältig formuliert werden müssen (vgl. BAG v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11, PM 73/12).

Die richtige Strategie:

Soll ein anderweitiger Verdienst, den der Arbeitnehmer während der Zeit der Freistellung erzielt, auf die Vergütung, die der Arbeitgeber zu zahlen hat, angerechnet werden, muss dies ausdrücklich vereinbart werden. Eine entsprechende Anwendung des § 615 Satz 2 BGB scheidet ansonsten nach Auffassung des BAG aus (BAG v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11; BAG v. 19.3.2002 – 9 AZR 16/01). Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer unter Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot, das nach § 60 HGB grundsätzlich während der Vertragsdauer besteht, bei einem Dritten tätig wird (BAG v. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11, PM 73/12).

Musterformulierung:

Erzielt der Arbeitnehmer während der Dauer der Freistellung anderweitig einen Verdienst, wird dieser auf das vom Arbeitgeber während der Freistellung zu zahlende Arbeitsentgelt angerechnet. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die Aufnahme einer derartigen Tätigkeit sowie die Höhe des erteilten Verdienstes jeweils unverzüglich mitzuteilen.

Der Arbeitgeber muss zusätzlich aber auch die Folgen für das grundsätzlich auch während der Freistellung geltende gesetzliche Wettbewerbsverbot iSd § 60 HGB beachten. Bei einer Freistellung unter Anrechnung eines anderweitig erzielten Verdienstes soll der Arbeitnehmer keinem Wettbewerbsverbot mehr unterliegen, sofern nichts anderes vereinbart ist (BAG v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05). Aus Sicht des Arbeitgebers ist daher dringend zu empfehlen, den Fortbestand des gesetzlichen Wettbewerbsverbots ausdrücklich zu vereinbaren, wenn eine Freistellung aufgenommen wird.

Musterformulierung:

Das gesetzliche Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB gilt auch während der Freistellung und damit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Bedenken muss der Arbeitgeber auch die Auswirkungen einer derartigen Anrechnung auf die Anrechnung des Resturlaubs während der Freistellungsphase. Sicherheitshalber sollte er den Zeitraum, in dem der Urlaub erteilt wird, datumsmäßig in dem Aufhebungsvertrag festlegen, um dem Einwand zu begegnen, der Arbeitnehmer habe die Urlaubslage nicht frei bestimmen können, da er ein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingegangen sei. Gleichzeitig sollte geregelt werden, dass der Resturlaub sich bei einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers während der festgelegten Zeit entsprechend verschiebt.

 

Weiterführende Literatur:

Kleinebrink, Grundsätze der inhaltlichen Gestaltung außergerichtlicher Aufhebungsverträge, Der Arbeits – Rechts – Berater, 2008, 121ff

Kleinebrink, Besondere Regelungen in Aufhebungsverträgen, Der Arbeits – Rechts – Berater 2008,153ff