Ein Arbeitgeber hat einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm in Textform den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, nach § 9 S. 1 TzBfG bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes bevorzugt zu berücksichtigen. Ausnahmen sind nach dieser Vorschrift unter anderem möglich, wenn kein entsprechender freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht, der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht mindestens gleich geeignet ist wie ein anderer vom Arbeitgeber bevorzugter Bewerber oder dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.
Ein solcher Verlängerungswunsch kann auch vorliegen, wenn sich Teilzeitbeschäftigte auf eine Vollzeitstelle bewerben. Arbeitgeber müssen daher in Zukunft besonders sorgfältig prüfen, ob die Stelle anderweitig besetzt werden soll.
Hintergrund dieses strategischen Vorgehens ist ein Urteil des LAG Niedersachsen vom 27.02.2024 – 2 Sa 265/23. Danach kann nämlich die Bewerbung eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers auf eine ausgeschriebene Stelle zugleich einen Antrag nach § 9 TzBfG auf Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit darstellen. Nach der abzulehnenden Auffassung des LAG Niedersachsen stellt die Bewerbung des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers das nach § 9 TzBfG erforderliche Vertragsangebot an den Arbeitgeber dar, wenn sich die wesentlichen Vertragsinhalte bereits aus der Ausschreibung ergeben. Der Arbeitgeber konnte sich in dem entschiedenen Fall auch nicht mit dem Argument „retten“, die Teilzeitkraft sei nicht mindestens gleich geeignet gewesen. Nach Auffassung des Gerichts kommt es auf die Qualifikation der Bewerber nur insoweit an, als diese in der Ausschreibung tatsächlich genannt worden ist.
Beachtet ein Arbeitgeber dies nicht, kann dies für ihn erhebliche finanzielle Folgen haben. Besetzt er einen freien Arbeitsplatz im Sinne des § 9 TzBfG und führt dies dazu, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vertragsänderung (§ 275 Abs. 1 BGB) untergeht, ist der Arbeitgeber nach der genannten Entscheidung zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er das zur Unmöglichkeit führende Verhalten zu vertreten hat. Der danach zu leistende Schadensersatz ist auf den finanziellen Ausgleich derjenigen Nachteile gerichtet, die der Arbeitnehmer infolge der Beschäftigung in kausal adäquater Weise erleidet. In dem entschiedenen Fall wurde der Arbeitgeber zum Schadensersatz in Höhe der Gehaltsdifferenz zwischen dem Gehalt, das der Teilzeitbeschäftigte bei Übertragung der ausgeschriebenen Stelle erhalten hätte, und dem tatsächlich bezogenen Monatsgehalt verpflichtet.
Strategisch müssen Arbeitgeber vor dem Hintergrund dieses Urteils zukünftig bei jeder Bewerbung einer Teilzeitkraft auf eine ausgeschriebene Stelle zwingend gleichzeitig die Voraussetzungen für eine anderweitige Besetzung nach § 9 TzBfG (insbesondere Teilzeitkraft nicht mindestens gleich geeignet) prüfen. Besonderes Augenmerk ist zukünftig auf die in der Stellenausschreibung genannten Qualifikationen zu legen, damit diese zukünftig zur Ablehnung des Verlängerungswunsches der Teilzeitkraft herangezogen werden können.