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Tipp Nr. 193: Der richtige Umgang mit den Sanktionsmöglichkeiten bei Pflichtverletzungen

Bei Pflichtverletzungen von Arbeitnehmern sind Arbeitgeber oft unsicher, ob sie reagieren müssen, um Nachteile zu vermeiden.

Die falsche Strategie:

Es wäre falsch anzunehmen, dass es dem Arbeitgeber in jedem Fall freisteht, ob er auf eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers reagiert oder nicht. Es sind Fälle denkbar, in denen der Arbeitgeber handeln muss, um insbesondere finanzielle Nachteile abzuwenden.

Die richtige Strategie:

Arbeitgeber müssen in jedem Einzelfall prüfen, ob sie nicht aufgrund von Vorgaben des Gesetzgebers oder der Rechtsprechung verpflichtet sind, auf Pflichtverletzungen mit Sanktionen zu reagieren.

Ein Beispiel hierfür sind die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

§ 12 Abs. 1 AGG verpflichtet den Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zu treffen. Diese Verpflichtung wird durch § 12 Abs. 3 AGG ergänzt. Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung zu ergreifen, wie z. B. Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung.

Eine Rechtsfolge bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 12 Abs. 3 AGG sieht das Gesetz nur bei einer Belästigung oder sexuellen Belästigung vor. Ergreift der Arbeitgeber in diesen Fällen keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung, sind die betroffenen Beschäftigten nach § 14 AGG berechtigt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist. In den übrigen Fällen der Diskriminierung ist an Ansprüche der belästigten Person aus § 15 AGG i.V.m. § 12 AGG zu denken.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass ein Arbeitgeber nicht in jedem Fall frei in seiner Entscheidung ist, ob er gegen Pflichtverletzungen von Arbeitnehmern vorgeht, ergibt sich aus dem Arbeitsschutzrecht. Überschreitet z.B. ein Arbeitnehmer die Höchstarbeitszeit i.S.d. § 3 ArbZG, so sollte der Arbeitgeber hierauf nachweislich reagieren, z.B. durch eine Abmahnung, um bei einem künftigen Verstoß nicht schuldhaft i.S.d. Bußgeldvorschrift des § 22 ArbZG gehandelt zu haben. Verstößt derselbe Arbeitnehmer dann erneut gegen eine solche Schutzvorschrift, wird dem Arbeitgeber allerdings nichts anderes übrig bleiben, als zu kündigen, da die Abmahnung offensichtlich nutzlos war.