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Tipp 182 Entgegenkommen bei Elternzeit als Strategie gegen den Fachkräftemangel

Es gibt zahlreiche strategische arbeitsrechtliche Mittel, um neue Fachkräfte zu gewinnen und bereits beschäftigte Fachkräfte an das Unternehmen stärker zu binden. Eine Möglichkeit ist, Beschäftigten bei der Elternzeit entgegenzukommen. Dies unterstreicht jüngst das im DAX-40 gelistete Unternehmen Henkel. Dies hat nach Presseberichten kürzlich bekannt gegeben, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dadurch verbessern zu wollen, dass es für seine rund 50.000 Beschäftigten weltweit eine achtwöchige voll vergütete Elternzeit einführt. Mitarbeiter können den Zeitraum im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes wählen. Dies kann für Arbeitnehmer einen erheblichen finanziellen Vorteil bedeuten. Nach § 2 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) erhält ein Arbeitnehmer lediglich ein Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes, höchstens aber 1800 €.

Vor diesem Hintergrund stellt sich für Personalverantwortlichen die Frage, welche Überlegungen für Unternehmen, die diese Idee aufgreifen wollen, gesetzlich anzustellen sind und welche sonstigen strategische Möglichkeiten bestehen, Arbeitnehmern in der Elternzeit entgegenzukommen. Hierbei ist zu bedenken, dass das BEEG lediglich aus Sicht des Arbeitnehmers schlechtere Regelungen verbietet, Verbesserungen damit aber zulässt.

Erhöhung des Elterngeldes

Beabsichtigen Arbeitgeber, die Idee von Henkel aufzugreifen und das Elterngeld zu erhöhen, sollten sie berücksichtigen, dass der Gesetzgeber entsprechende Regelungen erwägt. In einem Referentenentwurf eines Familienstartzeitgesetzes ist vorgesehen, dass der Partner im Ergebnis für die Dauer von 10 Tagen das volle Arbeitsentgelt erhält. Empfehlenswert ist deshalb, bei freiwilligen betrieblichen Regelungen vorsorglich vorzusehen, dass eventuelle staatliche Leistungen angerechnet werden.

Festlegung der Dauer der Elternzeit

Wer Elternzeit beanspruchen will, muss sie nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes nicht nur spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen. Er muss auch gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb der ersten zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Dies sieht § 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG ausdrücklich vor. Lediglich bei dringenden Gründen ist nach Satz 3 dieser Vorschrift ausnahmsweise eine angemessene kürzere Frist möglich.

Denkbar wäre im Unternehmen vorzusehen, dass Arbeitnehmer sich nicht für einen so langen Zeitraum festlegen müssen. Die gesetzliche Regelung führt in der Praxis nämlich dazu, dass Arbeitnehmer sogleich die vollen zwei Jahre in Anspruch nehmen und deshalb für diesen langen Zeitraum dem Unternehmen nicht zur Verfügung stehen. Denkbar wäre, dass sie sich zum Beispiel lediglich innerhalb des ersten Jahres entscheiden müssen, für wie lange und wann sie Elternzeit nehmen wollen und dann unter Wahrung einer Ankündigungsfrist mitzuteilen haben, ob und ggf. wie lange und wann sie im zweiten Jahr Elternzeit haben möchten.

Vorzeitige Beendigung

Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit besteht darin, Arbeitnehmern ein vorzeitiges Rückkehrrecht aus der Elternzeit einseitig einzuräumen. Nach der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG besteht ein vorzeitiges Rückkehrrecht nämlich nur dann, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Wählt man diesen Weg, kann man es dabei belassen, dass der Arbeitnehmer nach dem Gesetz festlegen muss, für welche Zeit innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Allerdings besteht dann für den Arbeitgeber weniger Planungssicherheit.

Erleichterungen bei der Verlängerung der Elternzeit

Hat sich ein Arbeitnehmer einmal festgelegt, für wie lange und für welche Zeiträume er Elternzeit in Anspruch nehmen will, ist er grundsätzlich hieran gebunden. Eine Verlängerung der bereits festgelegten Elternzeit kann u.a. nach § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG nur dann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel der Anspruchsberechtigten aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann. Denkbar ist auch hier, im Unternehmen Erleichterungen vorzusehen. Möglich ist z.B. zu regeln, dass es eines wichtigen Grundes nicht bedarf, aber eine bestimmte Ankündigungsfrist einzuhalten ist.

Zusammenfassung: Eine Chancen- und Risikoabwägung ist erforderlich

Jedes Unternehmen muss individuell überlegen, welche Strategien zur Fachkräftegewinnung und Fachkräftesicherung sinnvoll sind. Die genannten Beispiele im Rahmen der Elternzeit zeigen aber, dass es viele Gestaltungsmöglichkeiten gibt. Eine Einheitslösung ist sicherlich nicht zu finden.