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Tipp-Nr. 180: Vermeidung eines Verbrauchs des Kündigungsrechts nach erfolgter Abmahnung durch „Nichtstun“

Tipp Nr. 180 Vermeidung eines Verbrauchs des Kündigungsrechts nach erfolgter Abmahnung „durch Nichtstun“
Mit einer Abmahnung beabsichtigt ein Arbeitnehmer personalpolitisch, einen Arbeitnehmer von zukünftigen Pflichtverletzungen abzuhalten. Arbeitsrechtlich dient sie ihm dazu, eine Kündigung vorzubereiten. Dies setzt allerdings voraus, dass die entsprechende Abmahnung zum Zeitpunkt der Kündigung noch wirksam ist.

Die falsche Strategie:

Eine falsche Strategie ist aus Sicht des Arbeitgebers, nach einer erfolgten Abmahnung und einer weiteren zumindest gleichartigen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nicht zu reagieren. Hierdurch kann die Warnfunktion der Abmahnung beeinträchtigt werden, so dass sie nicht mehr geeignet ist, eine Kündigung vorzubereiten.

Das LAG Düsseldorf hat mit Urteil vom 08.11.2022 – 8 Sa 243/22 n.rk. –angenommen, die in einer Abmahnung durch die Kündigungsandrohung enthaltene Warnfunktion sei nicht mehr in Kraft, wenn der Arbeitnehmer nach Erhalt der Abmahnung weitere entsprechende Pflichtverletzungen begangen hat, ohne dass der Arbeitgeber reagiert hat. In dem entschiedenen Fall war die Klägerin mehrfach zu spät gekommen und hatte deshalb eine Abmahnung erhalten. Sieben Monate später verspätete sie in mindestens vier Fällen erneut erheblich gegen ihre Verpflichtung, die Arbeit pünktlich aufzunehmen. Der Arbeitgeber reagierte aber nicht. Nach Ansicht des Gerichts kann sich der Arbeitgeber deshalb nicht mehr später im Kündigungsschutzprozess auf diese Abmahnung berufen. Die Warnfunktion der Abmahnung sei verbraucht, weil der Arbeitgeber bei späteren gleichartigen Pflichtverletzungen nichts mehr unternommen habe.

Die richtige Strategie:

Für die Praxis folgt aus dieser Entscheidung, dass sich ein Arbeitgeber nach Erteilung einer Abmahnung und nach einer weiteren entsprechenden Pflichtverletzung des betroffenen Arbeitnehmers entscheiden muss, wie er weiter vorgeht. Er muss aber eine Reaktion zeigen. Entweder muss er eine weitere Abmahnung aussprechen oder aber die Kündigung erklären, wenn es sich um eine zumindest gleichartige Pflichtverletzung handelt.

Ausf. zur Warnfunktion der Abmahnung Kleinebrink, Abmahnung, 3. Aufl., Rz. 6f.
Zum Verbrauch der Kündigungsmöglichkeit durch Zeitablauf der Abmahnung Kleinebrink, Abmahnung, 3. Aufl., Rz. 782
Zum Verbrauch der Kündigungsmöglichkeit durch „zu viele Abmahnungen“ Kleinebrink, Abmahnung, 3. Aufl., Rz. 775