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Tipp Nr.172: Der richtige Umgang mit dem Ersatzruhetag für Sonn- und Feiertagsarbeit

Tipp Nr. 172 Der richtige Umgang mit dem Ersatzruhetag für Sonn- und Feiertagsarbeit
Im Rahmen der Compliance müssen Arbeitgeber u.a. die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) beachten, um sich insbesondere nicht der Gefahr auszusetzen, nach § 22 ArbZG eine Ordnungswidrigkeit zu begehen oder nach § 23 ArbZG einen Straftatbestand zu verwirklichen. Von besonderer Bedeutung ist deshalb eine Entscheidung des BAG, in der näher ausgeführt wird, was unter einem Ersatzruhetag im ArbZG zu verstehen ist.
Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie nach § 11 Abs. 3 Satz 1 ArbZG einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie nach § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG einen Ersatzruhetag erhalten, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist. Das Gesetz sagt nichts darüber aus, welche zeitliche Lage dieser Ersatzruhetag haben muss.
Die falsche Strategie:
Nicht sinnvoll ist, die Rechtslage ohne einen Blick in einen auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag zu beurteilen, da teilweise ein solcher Ersatzruhetag ausgeschlossen werden kann. Entscheidend ist insoweit die Unterscheidung zwischen einem Feiertag, der auf einen Wochenarbeitstag fällt und einem Sonntag. Fehlerhaft wäre es ferner, wenn Arbeitgeber bei einer bestehenden Verpflichtung, einen Ersatzruhetag zu gewähren, davon ausgehen würden, jeder individuelle Zeitraum mit einer Dauer von 24 Stunden würde ausreichen, um diese Anforderungen zu erfüllen.
Die richtige Strategie:
Wichtig für die Praxis ist vor diesem Hintergrund ein Urteil des BAG vom 8.12.2021 – 10 AZR 641/19. Ein Ersatzruhetag ist demnach ein Werktag, an dem der Arbeitnehmer von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr keine Arbeitsleistung erbringt. Ein davon abweichender individueller Zeitraum mit einer Dauer von 24 Stunden genügt nach Ansicht des BAG nicht. Diese Regelung stellt insbesondere für Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in Schichtsystemen beschäftigten eine erhebliche Herausforderung dar. Für sie ist deshalb von besonderem Interesse, ob ein solcher Ersatzruhetag gleichsam ausgeschlossen werden kann. Dies ist tarifvertraglich teilweise möglich. Nach § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG kann in einem Tarifvertrag vereinbart werden, dass kein Ersatzruhetag für einen auf einen Werktag fallenden Feiertag gewährt werden muss. Einen solchen Regelungswillen müssen die Tarifvertragsparteien allerdings zumindest ansatzweise zum Ausdruck bringen. Es reicht nicht aus, wenn lediglich ein Feiertagszuschlag tarifvertraglich vorgesehen ist. Ein solcher Feiertagszuschlag rechtfertigt nach Ansicht des BAG nicht die Annahme, der Zuschlag solle „statt“ oder „anstelle“ eines Ersatzruhetages gezahlt werden. Ein Ersatzruhetag, der Arbeitnehmern gewährt werden muss, wenn sie an einem Sonntag beschäftigt werden, ist nicht tarifvertraglich abdingbar.
Für die Praxis wichtig ist außerdem, dass bei Arbeitnehmern, die in einer 5-Tage-Woche beschäftigt werden, ein ohnehin arbeitsfreier Werktag der Ersatzruhetag sein kann. Außerdem kann durch ein Schichtplan ein Ersatzruhetag gewährt werden, ohne dass er ausdrücklich als solcher bezeichnet werden müsste.
Für die Praxis ergibt sich damit folgende Prüfungsreihefolge:
• Fällt der Arbeitnehmer insoweit unter das ArbZG (vgl. §§ 18 ff. ArbZG)?
• Hat der Arbeitnehmer an einem Sonntag oder an einem Feiertag, der auf einen Werktag fällt, gearbeitet?
• Wenn die Arbeitsleistung an einem Wochenfeiertag erbracht wurde: Ist der Ersatzruhetag eindeutig in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag ausgeschlossen?
• Wenn kein eindeutiger Ausschluss für einen Ersatzruhetag für eine Arbeit an einem Wochenfeiertag tarifvertraglich vorgesehen ist oder wenn an einem Sonntag gearbeitet wurde: Ist ein Ersatzruhetag an einem Werktag vorgesehen, an dem der Arbeitnehmer von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr keine Arbeitsleistung erbringen muss, wobei der gesetzliche Ausgleichzeitraum zu beachten ist?
• Ist berücksichtigt, dass dieser Ersatzruhetag ein ohnehin arbeitsfreier Werktag sein kann.
• Ist berücksichtigt, dass in einem Schichtplan ein Ersatzruhetag enthalten sein kann, ohne dass er ausdrücklich als solcher bezeichnet werden müsste?