Tipp Nr. 169 Die richtige Strategie zur Weiterbeschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus
Arbeitgeber sind häufig daran interessiert, Arbeitnehmer über deren Regelaltersgrenze hinaus zu beschäftigen, weil zum Beispiel eine Ersatzkraft noch nicht gefunden wurde oder ein neuer Arbeitnehmer noch eingearbeitet werden muss. Das Gesetz bietet hierfür eine wichtige strategische Möglichkeit. Insoweit ist aber eine neue Entscheidung des BAG zu berücksichtigen.
Die falsche Strategie:
In der Praxis geschieht es dann nicht selten, dass mit solchen „ehemaligen“ Arbeitnehmern Beraterverträge auf selbstständiger Basis abgeschlossen werden, um das gewünschte Ziel zu erreichen, obwohl sich tatsächlich im Vergleich zum bisherigen Arbeitsverhältnis nichts ändert. Dies ist strategisch höchst bedenklich, da bei einem derartigen Vorgehen die Gefahr einer Scheinselbstständigkeit besteht, sodass u.U. Sozialversicherungsbeiträge in erheblicher Höhe nachgezahlt werden müssen.
Die richtige Strategie:
Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien nach § 41 Satz 3 SGB VI durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt hinausschieben. Dies ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift auch mehrfach möglich.
Das Gesetz verlangt zunächst, dass eine Vereinbarung getroffen wurde, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht. Das Gesetz stellt auf die „Regelaltersgrenze“ ab, da es eine einheitliche Altersgrenze nicht gibt. Liegt eine wirksame Vereinbarung einer Befristung des Arbeitsverhältnisses auf den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze vor, ermöglicht § 41 Satz 3 SGB VI ein „Hinausschieben“ des bereits vereinbarten Beendigungszeitpunktes und damit eine befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus. Ein Hinausschieben des bereits vereinbarten Beendigungszeitpunkts setzt eine nahtlose Weiterbeschäftigung voraus. Die Verlängerungsvereinbarung muss außerdem noch vor Ablauf des zu verlängernden Vertrags, d.h. vor Erreichen der Regelaltersgrenze, getroffen werden, ansonsten liegt begrifflich keine Verlängerung vor. Beachten muss der Arbeitgeber außerdem etwaige Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Nach einer neuen Entscheidung des BAG stellt eine solche Verlängerung eine Einstellung eines Arbeitnehmers iSd § 99 Abs. 1 BetrVG dar, so dass der Betriebsrat zur Vermeidung von rechtlichen Nachteilen rechtszeitig einzuschalten ist (BAG v. 22.9.2021 – 7 ABR 22/20).
Ausf. zu den Voraussetzungen und Musterformulierungen Kleinebrink, Altersbefristung nach neuem Recht, DB 2014, 1490ff.