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Tipp Nr.160: Corona 7 – Strategien zur Einfühurng von Kurzarbeit

Tipp Nr. 160 Corona 7 Strategien zur Einführung von Kurzarbeit
Während der gegenwärtigen Pandemie versuchen viele Unternehmen, Entlassungen dadurch zu vermeiden, dass sie Kurzarbeit einführen wollen. Bei einer solchen Einführung ist aber zu beachten, dass eine Veränderung des Arbeitszeitvolumens – anderes ist Kurzarbeit nicht – einer rechtlichen Grundlage bedarf.
Die falsche Strategie:
Strategisch falsch wäre es vor diesem Hintergrund, wenn Arbeitgeber vor der von ihnen beabsichtigten Einführung von Kurzarbeit nicht prüfen, ob eine solche rechtliche Grundlage schon vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, müssen sie versuchen, eine entsprechende Regelung noch zu schaffen. Gelingt ihnen dies ist nicht, besteht für sie die Gefahr, dass Arbeitnehmer, die dennoch in einem verringerten Umfang arbeiten, das Differenzentgelt zum Vollzeitentgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach § 615 Satz 1 BGB erfolgreich geltend machen und bei einer Nichtleistung durch den Arbeitgeber gerichtlich durchsetzen.
Die richtige Strategie:
Ist ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar, muss geprüft werden, ob dieser eine Regelung zur Einführung von Kurzarbeit enthält. Regelmäßig enthalten derartige tariflichen Regelungen nicht alle Vorgaben zur Einführung von Kurzarbeit, sondern Öffnungsklauseln für Regelungen auf betrieblicher Ebene. Ist in einem Betrieb ein Betriebsrat vorhanden, hat dieser ohnehin nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei einer vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit. Ist in einem Betrieb kein Betriebsrat vorhanden, ist umstritten, ob dann eine tarifliche Regelung allein ausreicht, oder ob mit jedem einzelnen Arbeitnehmer eine ergänzende einzelvertragliche Regelung geschlossen werden muss. Empfehlenswert ist dies.
Ist auf das Arbeitsverhältnis kein Tarifvertrag anwendbar, kann durch eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Kurzarbeit eingeführt werden. Beachtet werden muss aber, dass das BetrVG nicht für leitende Angestellte iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG gilt. Unabhängig von der Frage, ob bei großen Unternehmen insoweit das Sprecherausschussgesetz hilft, sollte mit leitenden Angestellten eine einzelvertraglich Regelung angestrebt werden.
In der Praxis wird häufig übersehen, dass ein Arbeitsvertrag einer Einführung von Kurzarbeit durch Betriebsvereinbarung entgegenstehen kann. Ein solcher Arbeitsvertrag muss die Einführung von Kurzarbeit ermöglichen; ansonsten ist er günstiger als eine Betriebsvereinbarung und geht dieser vor. Empfehlenswert ist vor diesem Hintergrund immer, Arbeitsverträge allgemein offen für Betriebsvereinbarungen zu gestalten.
Als dritte mögliche Rechtsgrundlage neben einem Tarifvertrag und einer Betriebsvereinbarung kommt der Arbeitsvertrag in Betracht. Eine solche Regelung in einem Arbeitsvertrag wird allerdings einer Vertragskontrolle nur standhalten wenn sie die Einführung von Kurzarbeit vom Vorliegen besonderer Voraussetzungen abhängig macht. Umstritten ist zudem, ob eine Ankündigungsfrist eingehalten werden muss. Greift keine dieser drei Rechtsgrundlagen ein, könnte man noch an eine Änderungskündigung denken, um eine vertragliche Grundlage zu schaffen. Zu bedenken ist dann allerdings, dass eine solche Vorgehensweise nicht nur die Gefahr birgt, dass Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht annehmen und deshalb aus dem Unternehmen ausscheiden. Ferner können bei einer größeren Anzahl von Änderungskündigungen Obliegenheiten entstehen, über einen Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Betriebsrat nach § 111ff. BetrVG verhandeln zu müssen. Vor einem solchen Schritt einer Änderungskündigung ist deshalb immer eine einvernehmliche Regelung mit Arbeitnehmer anzustreben.

Ausführlich zu den arbeitsrechtlichen Grundlagen für die Einführung von Kurzarbeit Kleinebrink, ArbRB 2020, 221ff.