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Tipp Nr. 146: Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen durch Änderung einer Gesamtzusage mithilfe einer Betriebsvereinbarung

Tipp Nr. 146 Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen durch Änderung einer Gesamtzusage mithilfe einer Betriebsvereinbarung
Arbeitgeber sind betriebswirtschaftlich daran interessiert, freiwillige Leistungen, die sie der gesamten Belegschaft oder zumindest Teilen der Belegschaft gewähren, zu verringern oder ganz abzuschaffen, wenn Kosteneinsparungen erforderlich sind. Derartige freiwillige Leistungen werden häufig nicht durch Betriebsvereinbarung, sondern durch Gesamtzusage begründet. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung des in der Gesamtzusage enthaltenen Angebots wird nicht erwartet; ihrer bedarf es auch nicht. Das in der Gesamtzusage liegende Angebot wird gemäß § 151 BGB ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrages.

Die falsche Strategie:
Beabsichtigt ein Arbeitgeber, die durch eine Gesamtzusage eingegangene Verpflichtung, z.B. die kostenlose Gewährung von Fahrausweisen zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, einzuschränken, ist es strategisch falsch, gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern Änderungskündigungen auszusprechen. Er riskiert einerseits, dass Arbeitnehmer dies zum Anlass nehmen, aus dem Unternehmen auszuscheiden, und andererseits Klagen von Arbeitnehmern, die mit der Änderung nicht einverstanden sind. Entsprechende Kündigungsschutzklagen haben Aussicht auf Erfolg, da dem Arbeitgeber meistens ein milderes Mittel zur Verfügung steht, um das von ihm angestrebte Ziel zu erreichen.

Die richtige Strategie:
Die richtige Strategie ist vielmehr, eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat anzustreben, in der abweichende oder ablösende Regelungen enthalten sind. Nach einer kürzlich ergangenen Entscheidung des BAG muss ein Arbeitnehmer bei der Begründung von Ansprüchen auf Sachleistungen im Wege der Gesamtzusage regelmäßig davon ausgehen, dass die vertraglichen Absprachen einer Änderung durch betriebliche Normen unterliegen (BAG v. 30.1.2019 – 5 AZR 450/17).
Das BAG bejaht die Offenheit derartiger Gesamtzusagen für verschlechternde Kollektivregelungen, zu denen insbesondere Betriebsvereinbarungen gehören, selbst dann, wenn dies in der Gesamtzusage nicht ausdrücklich zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist allein, dass der Vertragsgegenstand in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Gesamtzusagen stellen regelmäßig derartige Allgemeine Geschäftsbedingungen dar und haben von Natur aus den erforderlichen kollektiven Bezug.
Unabhängig von dieser aus Sicht eines Arbeitgebers günstigen Rechtsprechung ist in der Praxis aber immer zu empfehlen, Arbeitsverträge generell durch eine entsprechende ausdrückliche Formulierung betriebsvereinbarungsoffen zu gestalten, sodass es auf diese Rechtsprechung des BAG gar nicht ankommt (Siehe Tipp Nr. 34).