Tipp Nr. 147 Begrenzung der Pflicht zur Zahlung tarifvertraglicher Mehrarbeitszuschläge auch an Teilzeitbeschäftigte
Arbeitgeber sind betriebswirtschaftlich daran interessiert, nicht eingeplante Personalkosten möglichst zu vermeiden. Zu einer solchen Erhöhung der Personalkosten kann es kommen, wenn Teilzeitbeschäftigte Mehrarbeit leisten und Tarifverträge, an die ein Arbeitgeber originärer oder kraft Bezugnahmen Arbeitsvertrag gebunden ist, derartige Mehrarbeitszuschläge für Vollzeitbeschäftigte vorsehen. Nach einem Urteil des BAG vom 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18 – verstößt eine tarifvertragliche Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge erst besteht, wenn die für eine Vollzeittätigkeit maßgebliche Stundenzahl überschritten wird gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG. Teilzeitarbeitnehmer haben demnach ebenfalls einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge, wenn deren individuelle Arbeitszeit überschritten wird.
Die falsche Strategie:
Strategisch falsch wäre es jedoch, wenn ein Arbeitgeber ohne weiteres und ohne weitere Differenzierung aufgrund dieser Entscheidung Mehrarbeitszuschläge zahlt, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ihre vertraglich geschuldete Arbeitszeit überschreiten. . Von dem Zweck der tarifvertraglich vereinbarten Mehrarbeitszuschläge hängt es nämlich nach Ansicht des BAG ab, ob sie ohne weiteres auch für einen Teilzeitbeschäftigten bei Überschreiten der individuellen Arbeitszeit zu leisten sind.
Die richtige Strategie:
Das BAG unterscheidet insoweit folgende mögliche Zwecke:
– Die Mehrarbeitszuschläge sollen zum Ausgleich besonderer Belastungen dienen, wenn Arbeitnehmer über die tarifliche Arbeitszeit einer Vollzeitkraft hinaus tätig werden.
– Die Mehrarbeitszuschläge sollen dazu dienen, den individuellen Freizeitbereich zu schützen und Arbeitnehmer, die Freizeit aufopfern, finanziell zu belohnen.
Nur dann, wenn der Zweck der tarifvertraglichen Regelung darin besteht, den individuellen Freizeitbereich zu schützen, nimmt das BAG eine Ungleichbehandlung an, die zur Verpflichtung des Arbeitgebers führt, teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern bereits bei der Überschreitung ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitszeit nicht nur die Mehrarbeitsstunde selbst, sondern auch den entsprechenden Zuschlag zu zahlen. Besteht der Zweck der Mehrarbeitszuschläge hingegen darin, die besondere Belastung auszugleichen, die Vollzeitarbeitnehmer bei Überschreiten ihrer individuellen Arbeitszeit haben, ist eine Unterscheidung zwischen Teilzeitarbeitnehmern und Vollzeitarbeitnehmern weiter erlaubt, da Teilzeitarbeitnehmer gerade diese besondere Belastung, das heißt das Überschreiten der Vollzeit, nicht haben.
Das BAG nimmt die besondere Belastung für die Überschreitung der Vollzeitarbeit, die eine unterschiedliche Behandlung von Vollzeitarbeitnehmern und Teilzeitbeschäftigten zulässt, dann an, wenn in den jeweiligen Tarifverträgen der Programmsatz enthalten ist, wonach Mehrarbeit zu vermeiden ist.
Arbeitgeber haben deshalb zu prüfen, ob eine entsprechende Bestimmung in dem auf das Arbeitsverhältnis des Teilzeitbeschäftigten anwendbaren Tarifvertrags enthalten ist. Nur wenn dies nicht der Fall ist, ergibt sich aus dem Urteil des BAG eine entsprechende Verpflichtung zur Zahlung auch der Mehrarbeitszuschläge.