Arbeitgeber haben das Ziel, rechtswidrige Diskriminierungen zu vermeiden. Verstoßen sie z.B. gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), kann dies nicht nur zu Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüchen eines betroffenen Arbeitnehmers nach § 15 Abs. 2 AGG bzw. § 15 Abs. 1 AGG führen, sondern insbesondere auch den Ruf des Unternehmens schädigen und damit einen immateriellen Schaden verursachen. Vor diesem Hintergrund haben sie auch insoweit neue rechtliche Entwicklungen zu beobachten und gegebenenfalls baldmöglichst zu berücksichtigen.
Die falsche Strategie:
Strategisch falsch ist demnach, zukünftig Stellenausschreibungen vorzunehmen, ohne die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16 – mit in die Überlegungen einzubeziehen.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht i. S. d. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG schützt die geschlechtliche Identität. Es schützt nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Diese Personengruppe muss ebenfalls vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt werden. Das Personenstandsrecht darf sie nicht dazu zwingen, ihr Geschlecht mit einem positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich vornehmen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2018 im Personenstandsgesetz eine entsprechende neue Regelung zu treffen.
Obwohl diese Entscheidung sich unmittelbar an den Gesetzgeber richtet, ist nicht auszuschließen, dass sie schon heute – und nicht erst nach Änderung des Personenstandsgesetzes – Auswirkungen auf das Arbeitsrecht hat.
Bisher waren Stellenausschreibungen geschlechtsneutral, wenn sie deutlich machten, dass sowohl männliche als auch weibliche Bewerber für die entsprechende Stelle in Betracht kommen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist denkbar, dass schon heute auch Personen angesprochen werden müssen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen.
Die richtige Strategie:
Die richtige Strategie besteht darin, bereits jetzt in Stellenausschreibungen deutlich zu machen, dass diese sich auch an Bewerber richten, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind. Dies gilt auch deshalb, weil dem Betriebsrat nach einer teilweise vertretenen Auffassung nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG ein Zustimmungsverweigerungsrecht im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Einstellung zusteht, wenn eine interne Stellenausschreibung nicht oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.
Empfehlenswert ist z.B., als zusätzliches Geschlecht „divers“ anzugeben. Ein entsprechender Zusatz in einer Stellenausschreibung würde dann lauten „m/w/divers“.
Abzuwarten bleibt im Übrigen, wie sich diese Entscheidung auf die Vorschriften zur Betriebsratswahl auswirken wird. So ist z.B. nach § 30 Abs. 1 Satz 3 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz eine Liste der Wahlberechtigten getrennt nach den Geschlechtern aufzustellen. Nach § 32 der WO hat der Wahlvorstand ab einer bestimmten Größe des Betriebsrats den Mindestanteil der Betriebsratssitze für das Geschlecht in der Minderheit zu errechnen.