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Tipp Nr. 112: Die richtige Berechnung der Schwellenwerte im BetrVG nach den Änderungen im AÜG

Ab 1.4.2017 gelten wichtige Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Nicht übersehen werden darf, dass hiervon auch betriebsverfassungsrechtliche Regelungen betroffen sind. Leiharbeitnehmer sind bei der Berechnung der Schwellenwerte nun nach § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG n.F.im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen. Die bisher in diesem Zusammenhang geltenden strategischen Möglichkeiten (siehe Tipp Nr. 64) sind damit grundsätzlich entfallen.

Die falsche Strategie:

Falsch wäre es aber zum einen, die Leiharbeitnehmer bei jeder Art von Schwellenwert mitzuzählen. Ebenso fehlerhaft wäre es, Leiharbeitnehmer unabhängig von der Dauer ihres Einsatzes beim Entleiher zu berücksichtigen.

Die richtige Strategie:

Nach § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG gilt die Neuregelung zur Berechnung der Schwellenwerte im Betriebsverfassungsgesetz nicht für § 112a BetrVG. Bei einem reinen Personalabbau ist der Arbeitgeber folglich – wie bisher – nur dann verpflichtet, mit dem Betriebsrat einen Sozialplan abzuschließen, wenn die Zahl der eigenen Arbeitnehmer die in dieser Vorschrift genannten Schwellenwerte erreicht (siehe ausführlich zu den Gestaltungsmöglichkeiten in Verbindung mit dem Interessenausgleich Tipp Nr. 50).

Besteht eine geplante Betriebsänderung allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so gelten nach § 112 a Abs. 1 BetrVG für die Frage, ob ein solcher Sozialplan aufgestellt werden muss, damit auch unter Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb andere, d.h. höhere Schwellenwerte als für die Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs. Sind in dem betroffenen Betrieb beispielsweise mindestens 60 Arbeitnehmer, aber weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigt, muss ein Sozialplan erst aufgestellt werden, wenn 20 % der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 37 Arbeitnehmer entlassen werden, wobei betriebsbedingte Aufhebungsverträge mitzuzählen sind. Ein Interessenausgleich ist in diesem Fall hingegen nach § 111 BetrVG, § 17 Abs. 1 Nummer 2 KSchG bereits aufzustellen, wenn 10 % der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer betroffen sind. Es spricht im Übrigen viel dafür, dass auch bei der Bestimmung des Schwellenwerts für einen Personalabbau bei § 111 BetrVG nicht zu berücksichtigen sind. Es ist zu bedenken, dass insoweit § 17 KSchG in diese Vorschrift „hineingelesen“ wird, für den § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern nicht anordnet.

Selbst wenn nach § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Schwellenwerte heranzuziehen sind, gilt dies nicht für jeden Leiharbeitnehmer. Der Leiharbeitnehmer muss „in der Regel“ eingesetzt werden, um berücksichtigt werden zu können. Ein solcher regelmäßiger Einsatz liegt vor, wenn der Leiharbeitnehmer normalerweise während des größten Teil des Jahres (= mehr als 6 Monate)  im Betrieb tätig ist (BAG v. 07.05.2008 – 7 ABR 17/07). Damit verbleibt für Unternehmen ein erheblicher Gestaltungsspielraum.