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Tipp Nr. 107: Verlängerung der Probezeit im Ausbildungsverhältnis

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt nach § 20 Satz 1  BBiG zwingend mit einer Probezeit. Mit ihr soll sowohl dem Auszubildenden als auch dem Ausbildenden die Möglichkeit gegeben werden, das Ausbildungsverhältnis kurzfristig zu beenden. Während einer solchen Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nämlich jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von beiden Seiten gekündigt werden. In der schriftlichen Kündigung müssen keine Gründe für die Beendigung angegeben werden.

Nach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Ausbildende Betriebe ist diese Probezeit häufig zu kurz bemessen, da sie während ihrer Dauer noch nicht endgültig feststellen können, ob sie das Ausbildungsverhältnis tatsächlich bis zu dessen Ende fortsetzen wollen. Für sie ist daher von Interesse, ob diese Probezeit verlängert werden kann, um auch nach Ablauf von vier Monaten noch flexibel reagieren zu können.

Die falsche Strategie:

Eine falsche Strategie wäre es, generell die Probezeit im Ausbildungsvertrag über die im Gesetz vorgesehenen vier Monate hinaus zu verlängern. In dieser allgemeinen Form würde es sich um eine Vereinbarung handeln, die zu Ungunsten des Auszubildenden von den Vorschriften des BBiG abweicht und deshalb nach § 25 BBiG von vornherein unwirksam ist.

Die richtige Strategie:

In einem Sonderfall ermöglicht nun allerdings das BAG mit Urteil vom 9. Juni 2016 – 6 AZR 396/15 eine Verlängerung der Probezeit über die im Gesetz vorgesehene Grenze hinaus. Eine Regelung, die bei einer Unterbrechung der Probezeit von mehr als zwei Dritteln der Probezeit eine Verlängerung um diesen Zeitraum vorsieht, ist weder gemäß § 25 BBiG nichtig noch handelt es sich dabei um eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 3 S 1 BGB iVm. § 307 Abs. 1 S 1, § 307 Abs. 2 BGB. Nach zutreffender Ansicht des Gerichts stellt eine solche Bestimmung keine aus Sicht des Auszubildenden nachteilige Regelung im Vergleich zum Gesetz dar, da auch er länger die Möglichkeit hat festzustellen, ob das Ausbildungsverhältnis für ihn geeignet ist.

Ein ausbildender Betrieb verschafft sich damit eine gegenüber dem Gesetz größerer Flexibilität, wenn sich im Ausbildungsvertrag im Anschluss an die Bestimmung der Dauer der regulären Probezeit, die mit der gesetzlichen Höchstdauer von vier Monaten festgelegt werden sollte, folgende Regelung findet:

„Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, so verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung.“

Zu beachten ist allerdings, dass die IHK häufig Vertragsmuster zur Begründung von Ausbildungsverhältnissen zu Verfügung stellt. Es ist dann zu prüfen, ob sich in dem entsprechenden Vertragsmuster die genannte Formulierung findet. Andernfalls ist eine entsprechende Ergänzung vorzunehmen.