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Tipp Nr. 93: Die richtige Strategie bei in Unersuchungshaft befindlichen Arbeitnehmern

Erscheint ein Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, hat ein Arbeitgeber ein Interesse zu erfahren, welchen Grund es für die Abwesenheit des Arbeitnehmers gibt und wie lange diese Abwesenheit voraussichtlich dauern wird, um auf diese Weise personell disponieren zu können. In manchen Fällen, hat der Gesetzgeber bereits diesem Dispositionsinteresse des Arbeitgebers Rechnung tragen. So sieht z.B. § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG eine entsprechende Anzeigepflicht des Arbeitnehmers bei einer Arbeitsunfähigkeit vor. Eine gesetzliche Regelung, die eine solche Auskunftspflicht des Arbeitnehmers regelt, wenn sich dieser in Untersuchungshaft befindet, sucht man hingegen vergeblich.

Die falsche Strategie:

Falsch wäre es, aus dem Fehlen einer solchen gesetzlichen Regelung zu schließen, dass dem Arbeitgeber kein Auskunftsanspruch zusteht. Eine solche Pflicht kann sich nämlich nicht nur aus ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen, sondern insbesondere auch aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers ergeben. Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers besteht nach § 241 Abs. 2 BGB darin, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen.

Die richtige Strategie:

Aus ihr leitet sich die allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers ab, den Arbeitgeber im Rahmen des Zumutbaren unaufgefordert und rechtzeitig über Umstände zu informieren, die einer Erfüllung der Arbeitspflicht entgegenstehen. Wird der Arbeitnehmer in Untersuchungshaft genommen, ist er deshalb gehalten, dem Arbeitgeber diesen Umstand unverzüglich anzuzeigen und ihn – im Rahmen des Möglichen – über die voraussichtliche Haftdauer in Kenntnis zu setzen. Aus dem berechtigten Planungsinteresse des Arbeitgebers kann sich zudem die Pflicht des Arbeitnehmers ergeben, über anstehende Haftprüfungstermine Auskunft zu geben (BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 517/14).

Kommt ein Arbeitnehmer dieser Verpflichtung von sich aus nicht nach, kann ihn der Arbeitgeber deshalb auf sie hinweisen. Im übrigen ist der Arbeitgeber bei einer Verletzung dieser Pflicht berechtigt, dem Arbeitnehmer eine Abmahnung zu erteilen.

 

Ausführlich zu den individualrechtlichen Folgen einer Inhaftierung eines Arbeitnehmers und zu möglichen Strategien  des Arbeitgebers: Kleinebrink, BB 2016, 373ff (Heft 6)