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Tipp Nr. 91: Die richtige Deutung einer vorhandenen Altersgrenze in einer Betriebsvereinbarung

Arbeitsverhältnisse enden nicht automatisch mit Erreichen der Regelaltersgrenze. Ein Arbeitgeber, der eine Überalterung der Belegschaft vermeiden möchte, muss deshalb entweder eine schon vorhandene Rechtsgrundlage für eine solche Beendigung – insbesondere in einem Tarifvertrag – nutzen oder aber eine solche Rechtsgrundlage schaffen (siehe Tipp Nr 18). In der Praxis kann es jedoch vorkommen, dass eine Betriebsvereinbarung die früher noch für alle Arbeitnehmer geltende Regelaltersgrenze „65 Jahre“ enthält. Bekanntlich steigt dieser Altersgrenze schrittweise abhängig von Geburtstag des betroffenen Arbeitnehmers bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres an. Es gibt deshalb keine einheitliche Regelaltersgrenze mehr. Der Arbeitgeber muss deshalb feststellen, wie eine solche „alte“ Regelaltersgrenze zu deuten ist.

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch wäre es, wenn der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, die Auffassung vertreten würde, das Arbeitsverhältnis ende auch dann mit Ablauf des Monats, in den der betreffende Geburtstag fällt, wenn nach der neuen Rechtslage die neue Regelaltersgrenze später liegt.

Die richtige Strategie:

Richtig geht ein Arbeitgeber vielmehr vor, wenn er eine solche Betriebsvereinbarung so liest, als ob dort statt eines bestimmten Lebensjahres allgemein „Regelaltersgrenze“ steht. Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit der Vollendung des 65. Lebensjahres endet, sind nach der Anhebung des Regelrentenalters regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst mit der Vollendung des für den Bezug einer Regelaltersrente maßgeblichen individuellen Lebensalters erfolgen soll (BAG 13.10.2015 – 1 AZR 853/13). Die Altersgrenze „65 Jahre“ kann nur dann weiter herangezogen werden, wenn es nachweisbar dem Willen der Betriebsparteien entsprach, eine Altersgrenze zu vereinbaren, die – ungeachtet des Erreichens des Regelrentenalters durch den Arbeitnehmer – bereits auf den Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres abstellt. Diese Auslegung wird kaum möglich sein, da den Betriebspartnern nicht unterstellt werden kann, eine falsche Regelaltersgrenze aufnehmen zu wollen.

Unabhängig davon bleibt dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich früher vorzusehen oder die Gestaltungsmöglichkeit des § 41 SGG VI zu nutzen.