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Tipp Nr. 81: Betriebsvereinbarung als Anreiz zum Klageverzicht

Erheben Arbeitnehmer gegen eine Kündigung ihres Arbeitgebers Klage, ist das finanzielle Risiko für den Arbeitgeber regelmäßig erheblich. Obsiegt der Arbeitnehmer rechtskräftig, läuft er Gefahr, den Arbeitnehmer, der weiter in ein Arbeitsverhältnis zu ihm steht, Arbeitsentgelt in erheblichem Umfang unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nachzahlen zu müssen. Von daher ist für Arbeitgeber von Interesse, Kündigungsschutzklagen möglichst zu vermeiden.

Die falsche Strategie:

Strategisch bedenklich wäre es, wenn Arbeitgeber ohne zu überlegen, ob durch Anreize Kündigungsschutzklagen möglichst vermieden werden können, Kündigungen aussprechen. Falsch wäre es, Leistungen in Sozialplänen iSv. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG, die dem Ausgleich oder der Abmilderung der mit einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dienen, vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Dies ist rechtlich nicht möglich (BAG v. 9.12.2014 – 1 AZR 146/13).

Die richtige Strategie:

Strategisch richtig ist vielmehr, Anreizsysteme außerhalb von Sozialplänen zu prüfen und abzuwägen, ob ein Anreiz und gegebenenfalls welcher sinnvoll ist.

Eine Möglichkeit besteht darin, in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Abfindungen zugunsten von Arbeitnehmern vorzusehen, die gekündigte Arbeitnehmer erhalten, wenn sie keine Kündigungsschutzklage erheben.

Jedenfalls dann, wenn die Betriebsparteien ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans nachgekommen sind, können sie freiwillig eine kollektivrechtliche Regelung treffen, die im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit finanzielle Leistungen für den Fall vorsieht, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht oder freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis im Wege einer Aufhebungsvereinbarung ausscheidet. Das Verbot, Sozialplanabfindungen von einem Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage abhängig zu machen, darf dadurch aber nicht umgangen werden (BAG v. 9.12.2014 – 1 AZR 146/13).

 

Musterformulierung (vgl. BAG v. 9.12.2014 – 1 AZR 146/13).:

Mitarbeiter/-innen, die von den im Interessenausgleich vom … beschriebenen Maßnahmen mittelbar oder unmittelbar betroffen sind, haben nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Erhöhung der Gesamtabfindung nach dem Sozialplan vom …, sofern sie keine Kündigungsschutzklage erheben:

a)    in Höhe einer zusätzlichen Abfindung nach der folgenden Regelung:

Bruttomonatsentgelt x X % x Beschäftigungsjahre

 

Denkbar ist wohl auch, eine solche freiwillige Betriebsvereinbarung auch dann zu schließen, wenn ein Sozialplan nicht abgeschlossen werden muss, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.