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Tipp Nr. 80: Richtiger Umgang mit der Auftraggeberhaftung beim Mindestlohn

Eine der umstrittensten Regelungen im neuen Mindestlohngesetz stellt dessen § 13 dar. Nach dieser Vorschrift findet § 14 des Arbeitnehmer – Entsendegesetzes (AEntG)entsprechend Anwendung.

Diese Norm beinhaltet eine Haftung des Auftraggebers. Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk – oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 AEntG wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Folglich kann im Rahmen eines solchen Vertragsverhältnisses ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber nicht den gesetzlichen Mindestlohn erhält, dessen Auftraggeber oder andere Auftraggeber in der Kette auf das Differenzentgelt in Anspruch nehmen. Es handelt sich um eine verschuldensunabhängige Haftung. Das Mindestentgelt umfasst allerdings nach § 14 Satz 2 nur das Nettoentgelt.

In der Praxis erhalten derzeit viele Auftragnehmer von ihren Auftraggebern Schreiben, in denen sie aufgefordert werden, schriftlich zumindest zu erklären, dass sie ihren Mitarbeitern den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Auf diese Weise will der jeweilige Auftraggeber erreichen, dass ihm im Rahmen der Bußgeldvorschrift des § 21 Abs. 2 MiLoG kein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann und er deshalb einem Bußgeld, das bis zu 500.000 € betragen kann, entgeht.

Die falsche Strategie:

Strategisch bedenklich wäre es, wenn jeder Auftraggeber nun derartige Bestätigungen von seinen jeweiligen Auftragnehmern im Rahmen eines entsprechenden Vertragsverhältnisses einholt. Hierdurch werden die Geschäftsbeziehungen unnötig belastet.

Die richtige Strategie:

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat mit Stand vom 18.12.2014 einen umfangreichen Fragen – und Antworten Katalog zum gesetzlichen Mindestlohn verfasst. Obwohl die rechtliche Beurteilung letztlich den Gerichten überlassen ist, bietet dieser Katalog wertvolle Hilfe bei der Auslegung der gesetzlichen Vorschriften.

Hinsichtlich der Auftraggeberhaftung weist das Ministerium zu Recht darauf hin, dass es sich bei § 14 AEntG lediglich um eine Generalunternehmerhaftung handelt. Demnach soll § 13 MiLoG mit seinem Verweis auf § 14 AEntG die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns nur dort sicherstellen, wo ein beauftragter Unternehmer zur Erledigung seiner Aufgaben weitere Unternehmer einschaltet. Ein Unternehmer muss eine eigene vertragliche Pflicht zur Erbringung von Werk – oder Dienstleistungen übernommen haben und zur Erfüllung dieser Pflicht einen zusätzlichen Unternehmer beauftragen. Folglich haftet der „erste“ Auftraggeber nicht dafür, dass der von ihm beauftragte Auftragnehmer seinen Mitarbeitern im Rahmen der Durchführung des Vertrags den gesetzlichen Mindestlohn zahlt. Die Haftung trifft nur diesen Auftragnehmer, wenn dieser seinerseits zur Erfüllung des Vertrags, den er mit dem „ersten“ Auftraggeber beschlossen hat, einen Nachunternehmer einschaltet. Folgt man dieser Auslegung, für die vor allen Dingen spricht, dass die Gerichte § 14 AEntG vor Schaffung des MiLoG entsprechend ausgelegt haben, besteht keine Notwendigkeit für den „ersten“ Auftraggeber, sich entsprechende Bestätigungen zu verschaffen. Er kann nicht unter dem Gesichtspunkt der Auftraggeberhaftung in Anspruch genommen werden.