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Tipp Nr. 79: Vorsorgliche Urlaubsgewährung bei Unwirksamkeit der Kündigung

Kündigt ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis gegenüber einem Arbeitnehmer fristlos, muss es sein Ziel sein, dass ein eventuell dem Arbeitnehmer noch zustehender restlicher Urlaubsanspruch erfüllt ist, wenn sich diese fristlose Kündigung später als unwirksam herausstellt. Auf diese Weise mindert er sein finanzielles Risiko, vom erfolgreich klagenden Arbeitnehmer auf Zahlung restlicher Entgeltansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges in Anspruch genommen zu werden.

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch wäre es vom Arbeitgeber, bei einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer zu erklären, dass dieser im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs – und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt wird. Nach einer neuen Entscheidung des BAG vom 10.2.2015 – 9 AZR 455/13 – gewährt ein Arbeitgeber durch eine Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

Die richtige Strategie:

Die richtige Strategie besteht für einen Arbeitgeber demnach darin, nicht nur eine derartige vorsorgliche Freistellungserklärung hinsichtlich des Urlaubs im Kündigungsschreiben vorzunehmen, sondern dem Arbeitnehmer die entsprechende Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zu zahlen oder zumindest vorbehaltlos zuzusagen.

Für den Arbeitgeber bestehen demnach mehrere Möglichkeiten:

Er kündigt nicht fristlos, sondern schiebt zur Abwicklung nicht erledigter Urlaubsansprüche den Kündigungstermin entsprechend der offenen Urlaubsdauer hinaus und gewährt ausdrücklich Urlaub. Vorsorglich sollte er nach der Entscheidung des BAG zusätzlich erklären, dass während dieser Zeit der Arbeitslohn als Urlaubsentgelt weitergezahlt wird. Bei dieser Vorgehensweise nimmt er aber die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung nicht wahr, da die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Absatz 2 BGB nicht gewahrt wird. Von daher ist diese Möglichkeit nur eingeschränkt zu empfehlen.

Die bessere Lösung besteht darin, dass der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgerecht kündigt und im Kündigungsschreiben den Arbeitnehmer vorbehaltlos darauf hinweist, dass der ihm noch zustehenden Urlaub abgegolten wird. Dies sollte dann auch tatsächlich kurzfristig geschehen. Ferner sollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Kündigungsschreiben darauf hinweisen, dass sich im Falle der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung der Urlaub an den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung anschließt und die Abgeltung dann das Urlaubsentgelt darstellt (so auch Bauer, ArbRAktuell 2015, 100).

Bei dieser Vorgehensweise wird allerdings der Teil des Urlaubsanspruchs nicht erfasst, der dem Arbeitnehmer für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist u.U. zusätzlich zusteht, da nur die Zeit bis zum Zugang der fristlosen Kündigung in die Berechnung der Abgeltung einfließt. Eine denkbare Möglichkeit könnte insoweit wohl darin bestehen, dass der Arbeitgeber in diesem Fall zusätzlich im Kündigungsschreiben erklärt, dass ein zusätzlicher und noch nicht abgegoltener Urlaub, der aufgrund der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung entsteht, unwiderruflich im Anschluss an den bis zur fristlosen Kündigung entstandenen Urlaubsanspruch gewährt wird und vorbehaltlos von ihm zugesagt wird, dass dem Arbeitnehmer das insoweit zustehende Urlaubsentgelt unverzüglich gezahlt wird, sobald feststeht, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der fristlosen Kündigung endet.