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Tipp Nr. 70: Strategien bei einer Kündigung in der „Probezeit“

Arbeitgeber haben bei einer Beendigung von Arbeitsverhältnissen regelmäßig das Ziel, die Personalkosten, die durch eine solche Beendigung entstehen können, möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund kündigen sie Arbeitsverhältnisse gegenüber Arbeitnehmern, die ihnen nicht geeignet erscheinen, häufig fristgerecht in der vertraglich vereinbarten Probezeit. Sie unterstellen dabei, dass bei einer derartigen Kündigung das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist und der betroffene Arbeitnehmer deshalb nicht erfolgreich auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses klagen kann.

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch ist es, für den Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung allein auf eine vereinbarte Probezeit abzustellen. Eine vertraglich vereinbarte Probezeit ist nicht mit der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG zu verwechseln. Nach dieser Vorschrift ist die fristgerechte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung nicht länger als sechs Monate bestanden hat, nicht auf deren soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen. Sie ist lediglich dann unwirksam, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist oder eine rechtswidrige Diskriminierung darstellt.

Die vereinbarte Probezeit hingegen bezweckt nicht, die gerichtliche Überprüfung einer fristgerechten Kündigung auszuschließen. Ihr Ziel ist allein eine Verkürzung der Kündigungsfrist. Dies wird insbesondere aus § 622 Abs. 3 BGB deutlich. Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis demnach mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden, während ansonsten die gesetzliche Grundkündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB Wochen zum fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats beträgt. Tarifverträge sehen teilweise eine andere mögliche Dauer der Probezeit und/oder eine andere Kündigungsfrist vor.

Die richtige Strategie:

Richtig geht ein Arbeitgeber vor, wenn er zunächst ermittelt, wie lang die mit dem Arbeitnehmer vereinbarte Probezeit ist. Hierzu hat er den Arbeitsvertrag einzusehen. Ist die Probezeit kürzer als sechs Monate, kann der Arbeitgeber auch noch nach Ablauf der Probezeit fristgerecht kündigen, ohne dass der Arbeitnehmer einen Kündigungsschutz erwirbt. Voraussetzung ist allein, dass die fristgerechte Kündigung dem Arbeitnehmer noch innerhalb der Wartezeit des § 1 KSchG, d.h. innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses, zugeht. Unerheblich ist dann, ob die Kündigungsfrist noch innerhalb dieser sechs Monate oder erst später abläuft. Der Arbeitgeber muss lediglich beachten, dass nach Ablauf der Probezeit die längere Grundkündigungsfrist gilt.

Ist allerdings die Probezeit, z.B. aufgrund tarifvertraglicher Regelungen, vertraglich länger vereinbart als sechs Monate, muss der Arbeitgeber innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses fristgerecht kündigen, da die Wartezeit des § 1 KSchG nicht verlängert wird.

Aus Arbeitnehmersicht ist die Gleichsetzung von Probezeit und Wartezeit ebenfalls nicht empfehlenswert. Glaubt ein Arbeitnehmer z.B., nach Ablauf der mit ihm vereinbarten dreimonatigen Probezeit Kündigungsschutz zu besetzen und kommt deshalb im vierten Monat des Arbeitsverhältnisses zehn Minuten zu spät, kann ihm der Arbeitgeber dennoch fristgerecht kündigen, obwohl dies keinen fristgerechten Kündigungsgrund darstellt, da die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG noch nicht abgelaufen ist und der Arbeitnehmer deshalb trotz Ablaufs der Probezeit noch keinen Schutz gegen eine fristgerechte Kündigung besitzt.

Beachten muss der Arbeitgeber allerdings, dass weder die Wartezeit noch die Probezeit bei einer fristlosen Kündigung von Bedeutung sind. Insoweit ist der Arbeitnehmer gleichsam ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses geschützt. Außerdem muss er prüfen, ob eine fristgerechte Kündigung während der Wartezeit, z.B. aufgrund eines Sonderkündigungsschutzes nach dem MuSchG, ausgeschlossen ist.