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Tipp Nr. 68: Halteprämie als Reaktion auf die „Rente mit 63“

Die Große Koalition beabsichtigt bekanntlich, Arbeitnehmern zu ermöglichen, bei einem Ausscheiden mit Ablauf des Monats, in dem sie das 63. Lebensjahr vollenden, die gesetzliche Rente in voller Höhe zu beziehen, sofern bestimmte Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Arbeitgeber müssen sich deshalb darauf einstellen, dass Arbeitnehmer, die sie dringend weiter benötigen, dies zum Anlass nehmen, ihr Arbeitsverhältnis vor Erreichen ihrer gesetzlichen Regelaltersgrenze durch Eigenkündigung zu beenden.

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch wäre es, sich als Arbeitgeber allein darauf zu beschränken, die Verträge derjenigen Arbeitnehmer, die altersmäßig für ein derartiges vorzeitiges Ausscheiden in Betracht kommen, daraufhin zu überprüfen, welche individuelle Kündigungsfrist diese für eine Eigenkündigung vorsehen. Ohne eine vertragliche Sonderregelung kann jeder Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis nach § 622 Abs. 1 BGB mit der gesetzlichen Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. eines Monatsoder . Zum Monatsende beenden, sofern auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifverträge keine anderen Regelungen enthalten.

Die richtige Strategie:

Arbeitgeber sollten zusätzlich erwägen zu versuchen, mit Arbeitnehmern, an deren Verbleib über das 63. Lebensjahr hinaus sie ein Interesse haben und die unter die gesetzliche Neuregelung fallen könnten, so genannte Halteprämien zu vereinbaren.

Bei ihr sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Prämie zu, wenn er bis zu einem bestimmten Stichtag keine Eigenkündigung erklärt. Derartige Halteprämien sind jüngst vom BAG noch einmal ausdrücklich anerkannt worden (BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 913/11). Ihr alleiniger Zweck besteht darin, Betriebstreue zu honorieren.

Beachten muss der Arbeitgeber allerdings bei einer derartigen Regelung den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Möglich ist auch, eine derartige Halteprämie einseitig zu zusagen. Erfüllt der Arbeitnehmer dann die gewünschte Betriebstreue, erhält er zugesagte Prämie.

 

Muster (in Anlehnung an den Sachverhalt BAG v. 12.9.2013 – 6 AZR 913/11):

Sehr geehrte Frau/sehr geehrter Herr …,

wir freuen uns, dass wir Ihnen zum … (Datum) einen einmaligen Betrag in Höhe von

… (Betrag) € brutto

 

zusagen können. Die Auszahlung des Betrages setzt voraus, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit der … (Firma) nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt gegebenenfalls mit der Gehaltsabrechnung des Monats… (Monat).

Wir setzen auch in Zukunft auf Ihre Unterstützung und Ihr Engagement, um unser Ziel zu erreichen, unser Unternehmen dauerhaft am Markt zu etablieren.“

Sollte es sich bei den Arbeitnehmer, denen man eine Halteprämien zusagen will, nicht um leitende Angestellte oder sonstige Person handeln, die nicht unter das Betriebsverfassungsgesetz fallen, und wird die Prämie zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer nicht individuell ausgehandelt, spricht allerdings manches dafür, dass ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hinsichtlich der Verteilung des vom Arbeitgeber insgesamt freiwillig als Halteprämie zur Verfügung gestellten finanziellen Volumens besteht.