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Tipp Nr. 53: Rechtzeitige Kündigung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot

Befürchtet ein Arbeitgeber, dass ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden zur Konkurrenz geht und ihm dies schadet, kann er mit dem Arbeitnehmer ein so genanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren. Ein solches Wettbewerbsverbot ist nach § 74 HGB unter anderem nur dann verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbots, das längstens zwei Jahre dauern kann, eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Arbeitnehmer zuletzt bezogenen Vertrags mäßigen Leistungen erreicht (sog. Karenzentschädigung, § 74 Abs. 2 HGB).

Die falsche Strategie:

Eine falsche Strategie wäre es für einen Arbeitgeber, der ein solches nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem Arbeitnehmer vereinbart hat, dieses ungeprüft bestehen zu lassen. Er läuft sonst Gefahr, die Karenzentschädigung nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers auch dann zahlen zu müssen, wenn der Arbeitnehmer entgegen ursprünglicher Annahmen bei einer Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen keine „Gefahr“ für ihn mehr darstellen würde.

Die richtige Strategie:

Richtig handelt hingegen ein Arbeitgeber, der in regelmäßigen Abständen die mögliche Berechtigung eines solchen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots überprüft. Berücksichtigen muss er nämlich die strategische Möglichkeit des § 75 a HGB. Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer sofort vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot befreit wird und der Arbeitgeber nur noch für die Dauer von einem Jahr die Karenzentschädigung zahlen muss.

Erklärt ein Arbeitgeber folglich den Verzicht mindestens ein Jahr vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer, hat das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für ihn keine finanziellen Folgen mehr. Während des Bestands des Arbeitsverhältnisses besteht keine Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung, da die Verpflichtung zur Zahlung auf die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschränkt ist. Der sofortige Wegfall des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots infolge des Verzichts ist für den Arbeitgeber während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ebenfalls ohne Bedeutung, da während dieser Zeit das vertragliche Wettbewerbsverbot zulasten des Arbeitnehmers greift.

Würde hingegen ein Arbeitgeber bis kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit den Verzicht warten, müsste er für den Zeitraum, der für das Erreichen der Jahresgrenze noch fehlt, die Karenzentschädigung leisten.

Beispiel: Der Arbeitgeber verzichtet am 31. Mai 2013 wirksam auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Der Arbeitnehmer scheidet zum 30. Juni 2013 aus. Der Arbeitgeber muss die Karenzentschädigung noch für die Dauer von 11 Monaten zahlen.

In der Praxis häufig übersehen wird, dass die Karenzentschädigung aufgrund eines weiter bestehenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne einen solchen einseitigen Verzicht oder ohne eine wirksame einvernehmliche Aufhebung auch dann geleistet werden muss, wenn der Arbeitnehmer wegen Erreichens der Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, weil z.B. dessen Arbeitsvertrag eine automatische Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt vorsieht, sofern nicht das Erreichen der Altersgrenze als objektive Beendigung vereinbart ist (BAG v. 26.2.1985 – 3 AZR 162/84). Insbesondere bei rentennahen Arbeitnehmern sollte der Arbeitgeber deshalb regelmäßig überprüfen, inwieweit ein vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot noch „Sinn“ macht.