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Tipp Nr. 49: Flexibilisierung Arbeitsort

Arbeitgeber sind regelmäßig daran interessiert, Arbeitnehmer in verschiedenen Betrieben oder an verschiedenen Standorten des Unternehmens einzusetzen.

Die falsche Strategie:

Dieses Ziel erreicht der Arbeitgeber nicht, wenn er in dem Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers den Arbeitsort vorbehaltlos nennt. Mit Hilfe des ihm nach § 106 GewO zustehenden Weisungsrecht kann er dem Arbeitnehmer dann keine Arbeit in einem anderen Betrieb oder einem anderen Standort des Unternehmen zuweisen, da die Arbeitsbedingung „Arbeitsort“ vertraglich festgelegt ist und das Weisungsrecht des Arbeitgebers insoweit einschränkt. Will der Arbeitgeber dennoch sein Ziel erreichen, muss er sich mit dem Arbeitnehmer einigen oder aber den Weg einer Änderungskündigung beschreiten. Diese muss dann nicht nur sozial gerechtfertigt sein; der Arbeitgeber muss auch die einschlägige Kündigungsfrist beachten.

Die richtige Strategie:

Diese Schwierigkeiten erspart sich der Arbeitgeber nach einem Urteil des BAG vom 13.6.2012 – 10 AZR 296/11, wenn er im Arbeitsvertrag keinen bestimmten Arbeitsort verbindlich aufnimmt. Ist in einem Arbeitsvertrag festgelegt, dass der Einsatzort „grundsätzlich“ in einer bestimmten Stadt sei, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“ kann, ist damit nach zutreffender Ansicht des BAG hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die erstmalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort enthält.

Bei der Durchführung des Vertrags muss der Arbeitgeber dann aber darauf achten, dass sich die Arbeitspflicht nicht nachträglich auf einen bestimmten Arbeitsort konkretisiert und er damit die durch die vertragliche Gestaltung gewonnene Flexibilisierung wieder einbüßt.

Es ist nach Ansicht des BAG grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen. Es sollten daher insbesondere Erklärungen und Zusicherungen jedweder Art von Personalverantwortlichen und Vorgesetzten unterbleiben, die als derartige „besondere Umstände“ ausgelegt werden könnten.

Nicht übersehen werden darf aber, dass selbst bei einer derartigen Flexibilisierung hinsichtlich des Arbeitsorts die Ausübung des Direktionsrecht durch den Arbeitgeber billigem Ermessen entsprechen muss (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB). Erforderlich ist eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

In die Abwägung sind nach ständiger Rechtsprechung des BAG alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (siehe nur BAG 13. April 2010 – 9 AZR 36/09). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG muss allerdings nicht stattfinden.

Durch das Erfordernis einer solchen umfassenden Interessenabwägung entsteht für den Arbeitgeber ein Risiko, das durch eine vertragliche Gestaltung nicht beseitigt werden kann.