Suche

Tipp Nr. 26: Ausnahmen Kündigungsschutz Schwerbehindeter

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses  eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber  bedarf nach § 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Das Integrationsamt ist nicht gezwungen, seine Entscheidung innerhalb einer bestimmten Frist zu treffen. § 88 Abs. 1 SGB IX sieht bei einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung lediglich vor, dass diese Behörde seine Entscheidung innerhalb eines Monats vom Tag des Eingangs des Antrags an treffen soll. Lediglich bei einer außerordentlichen Kündigung kann die Zustimmung zur Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des Antrags an nach § 91 Abs. 3 SGB IX getroffen werden. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht getroffen, gilt die Zustimmung als erteilt.

Beabsichtigt der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen, kann dies daher zu erheblichen Verzögerungen und damit verbundenen zusätzlichen personellen Fixkosten führen.

Die falsche Strategie:

Taktisch nicht klug wäre es vom Arbeitgeber bei einer derartigen beabsichtigten ordentlichen Kündigung, sogleich das Integrationsamt einzuschalten und dessen Entscheidung abzuwarten. Dies kann zu unnötigen Verzögerungen führen.

Die richtige Strategie

Zu empfehlen ist stattdessen, vor der Einschaltung des Integrationsamtes bei einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Menschen zu prüfen, ob trotz des § 85 SGB IX die Einschaltung des Integrationsamtes überhaupt erforderlich ist. § 90 SGB IX sieht nämlich Ausnahmefälle vor, in denen die Kündigung auch ohne Beteiligung des Integrationsamtes ausgesprochen werden kann, von denen zwei für die Praxis von besonderer Bedeutung sind.

Demnach ist die Einschaltung des Integrationsamtes nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX nicht notwendig, wenn das Arbeitsverhältnis des schwerbehinderten Menschen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als 6 Monate besteht.

Die Zustimmung ist ferner z.B. dann entbehrlich, wenn das Arbeitsverhältnis eines schwerbehinderten Menschen durch Kündigung beendet wird und dieser  entweder das 58. Lebensjahr vollendet  oder Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung aufgrund eines Sozialplans hat. Hinzukommen muss aber, dass der Arbeitgeber ihm die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und er der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widerspricht.

Diese Unterrichtung des schwerbehinderten Menschen ist an keine Form gebunden. Sie  sollte aus Beweisgründen allerdings schriftlich erfolgen. Enthalten muss sie mindestens  Angaben zur Art der Kündigung, zur Kündigungsfrist und zum Kündigungstermin. Rechtzeitig ist die Mitteilung nur dann, wenn der Arbeitnehmer noch genügend Zeit hat, um zu überlegen, ob er der Kündigung widersprechen will oder nicht. Nicht geklärt ist bisher, wie viel  Bedenkzeit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mindestens einräumen muss. Teilweise wird eine Mindestfrist von 2 Wochen für angemessen angesehen; teilweise wird auch eine Drei-Wochen-Frist gefordert.  Es empfiehlt sich, von der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG als Mindestfrist auszugehen und diese Frist dem Mitarbeiter im Unterrichtungsschreiben auch ausdrücklich zu nennen. Der Arbeitnehmer kann der Kündigungsabsicht formlos wiedersprechen; eine Begründung ist nicht erforderlich. Der Widerspruch kann bis zum Zugang der Kündigung erklärt werden.