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Tipp Nr. 164 BetrVG: Erstreckung der Wahlberechtigung auf Minderjährige und Größe des Betriebsrats

Tipp Nr. 164 BetrVG: Erstreckung der Wahlberechtigung auf Minderjährige und Größe des Betriebsrats
Am 18.06.2021 ist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz in Kraft treten. Dies beinhaltet wesentliche Änderungen des BetrVG. Einfluss haben diese Änderungen teilweise in erheblichem Umfang auf die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Dieser hat nämlich nach § 40 Abs. 1 BetrVG die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Betriebswirtschaftliches Ziel des Arbeitgebers ist es, diese Kosten möglichst gering zu halten, um insbesondere für Investitionen nach Beendigung der Pandemie finanziell gerüstet zu sein.

Die falsche Strategie:
Eine wesentliche Änderung die durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz erfolgt, ist die Ausweitung derjenigen, die berechtigt sind, den Betriebsrat zu wählen. Bisher waren nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrVG lediglich die Arbeitnehmer des Betriebs wahlberechtigt, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Nun gilt diese Wahlberechtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrVG n.F. bereits ab dem 16. Lebensjahr. Dies kann Auswirkungen auf die Zahl der Betriebsratsmitglieder haben. Diese Zahl bestimmt sich nämlich nach § 9 BetrVG nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Unzulässig wäre es indes, wenn der Betriebsrat bereits jetzt Neuwahlen vornehmen würde, wenn sich aufgrund der erweiterten Wahlberechtigung die Zahl der Wahlberechtigten in einem solchen Umfang erhöht, dass nun mehr Betriebsratsmitglieder zu wählen werden. Der Arbeitgeber sollte in einem solchen Fall nicht tatenlos bleiben. Ebenso wäre es eine falsche Strategie des Arbeitgebers, aufgrund der Ausweitung der Wahlberechtigung überhaupt keine strategische Überlegungen anzustellen.
Die richtige Strategie:
§ 13 BetrVG regelt abschließend, wann außerhalb der regelmäßigen Betriebsratswahlen, die aktuell erst wieder in der Zeit vom 1. März bis zum 31.05.2022 stattfinden, vorzeitig Betriebsratswahlen stattfinden müssen. Die Fallgestaltung, dass sich die Zahl der Betriebsratsmitglieder aufgrund einer gesetzlichen Änderung zur Wahlberechtigung geändert hat, ist insoweit gesetzlich nicht vorgesehen, sodass bereits aus diesem Grund keine Neuwahl stattzufinden hat. Selbst bei der Veränderung der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer sieht das Gesetz in § 13 Abs. 2 Nummer 1 BetrVG eine Neuwahl nur dann vor, wenn sich genau mit Ablauf von 24 Monaten eine wesentliche Änderung hinsichtlich dieser Zahl ergeben hat. Selbst wenn man diese Vorschrift entsprechend anwenden würde, wäre diese nicht einschlägig, da sich die Veränderungen erst weit nach Ablauf dieses Zeitraums durch die Gesetzesänderung ergeben haben. Allerdings sollte der Arbeitgeber dennoch prüfen, welche Auswirkungen die Herabsetzung des Wahlalters auf die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer hat. Stellt er nämlich fest, dass dadurch ein höherer Schwellenwert im Sinne des § 9 BetrVG überschritten würde, sodass bei der nächsten Wahl zwei Betriebsratsmitglieder mehr zu wählen wären, kann er jetzt noch gestaltend eingreifen und zum Beispiel freiwerdende Stellen nicht neu besetzen, um auf diese Weise den entsprechenden Schwellenwert – weiter – zu unterschreiten.