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Tipp Nr. 56: Ablösung von Betriebsvereinbarungen beim Betriebsübergang

Erwirbt ein Arbeitgeber einen Betrieb von einem anderen Arbeitgeber, die er in einem seiner eigenen Betriebe eingliedern will, ist er regelmäßig daran interessiert, dass sich die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer, die aufgrund eines solchen Betriebsübergangs kraft Gesetzes mit allen Rechten und Pflichten auf ihn übergehen (§ 613 a Absätze ein Satz 1 BGB) nicht von denen seiner eigenen Arbeitnehmer unterscheiden. Dies gilt insbesondere, wenn derartige Arbeitsbedingungen beim Veräußerer in Betriebsvereinbarungen enthalten sind.

Die falsche Strategie:

Strategisch falsch wäre es, wenn der Arbeitgeber, der den Betrieb erwirbt, nicht im Vorfeld eines solchen Erwerbs prüft, welche Betriebsvereinbarungen beim Veräußerer für den zu erwerbenden Betrieb abgeschlossen wurden. Dies hindert ihn, rechtzeitig zu reagieren

Die richtige Strategie

Soweit Rechte und Pflichten in einer Betriebsvereinbarung beim bisherigen Betriebsinhaber, dem Veräußerer, enthalten sind, werden sie bei einem Übergang eines Betriebs und dessen Eingliederung in einen schon beim Erwerber bestehen Betrieb grundsätzlich zum Inhalt der Arbeitsverträge der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse infolge des Betriebsübergangs übergehen (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB). Obwohl sie ursprünglich kollektiv rechtlich in einer Betriebsvereinbarung geregelt waren, gelten sie damit als Individualrecht im Arbeitsvertrag weiter und zwar mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Übergangs hatten.

Eine derartige Transformation von aus seiner Sicht nachteiligen Regelungen vermeidet der Erwerber, wenn die entsprechenden Rechte bei ihm ebenfalls in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind. Eine solche Betriebsvereinbarung verdrängt die sich bisher aus einer entsprechenden Betriebsvereinbarung ergebenden Rechte der übergehenden Arbeitnehmer selbst dann, wenn sie aus Sicht dieser Arbeitnehmer schlechter ist. Der Erwerber sollte deshalb vor einem derartigen Betriebsübergang prüfen, ob in seinem Betrieb, in denen der erworbene Betrieb eingegliedert werden soll, entsprechende „kollidierende“ Betriebsvereinbarungen vorhanden sind. Ist dies der Fall, besteht kein Handlungsbedarf.

Stellt er hingegen fest, dass dies nicht in jedem Fall gegeben ist, sollte er bereits im Vorfeld des Betriebsübergangs mit seinem Betriebsrat zu den entsprechenden Themen entsprechende eigene Betriebsvereinbarungen abschließen, damit es nach dem Betriebsübergang zu einer Ablösung kommt und eine Transformation erst gar nicht stattfindet.

Hat es der Arbeitgeber versäumt, rechtzeitig vor einem Betriebsübergang insoweit vorzubeugen, ist ihm diese strategische Mittel dennoch nicht verwehrt. Wird die kollidierende Betriebsvereinbarung beim Erwerber erst nach dem Betriebsübergang abgeschlossen, verdrängt diese ebenfalls die bis dahin in den Arbeitsvertrag übertragenen Rechte und richten (BAG vom 13.3.2012 – 1 AZR 659/10).

Aufgrund einer neuen Entscheidung des europäischen Gerichtshofs in Sachen „Scatolon“ ist zwar zweifelhaft geworden, ob eine derartige Ablösung durch eine verschlechternde Betriebsvereinbarung nach einem Betriebsübergang beim Erwerber weiter möglich ist (EuGH vom 6.9.2011 – C – 108/10). Da eine Entscheidung des BAG zu dieser Frage bisher nicht ergangen ist und die Rechtsprechung des EuGH insoweit Widersprüche aufweist, kann diese Strategie weiter empfohlen werden.