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Tipp Nr. 129: Strategische Gestaltung des Inhalts der Abmahnung – Darstellung der Warnfunktion

Tipp Nr. 129: Strategische Gestaltung des Inhalts der Abmahnung – Darstellung der Warnfunktion

Eine Abmahnung erfüllt mehrere Zwecke. Sie dient dem Arbeitgeber dazu, den Arbeitnehmer auf eine Pflichtverletzung hinzuweisen (Dokumentationsfunktion, siehe Tipp Nr. 88). Außerdem verbindet der Arbeitgeber damit die Aufforderung, ein derartiges wichtiges Verhalten künftig zu unterlassen (Rügefunktion). Schließlich ist die Abmahnung dazu bestimmt, bestimmte individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung anzudrohen (Warnfunktion). Beachtet ein Arbeitgeber die insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht, besteht die Gefahr dass die Abmahnung unwirksam ist und nicht mehr notwendige Voraussetzung einer späteren Kündigung sein kann.

 

Die falsche Strategie:

Besonders vorsichtig muss der Arbeitgeber sein, wenn er individualrechtliche Konsequenzen androhen und damit die Warnfunktion der Abmahnung erfüllen will. Strategisch falsch wäre es nach Ansicht des ArbG Bochum (Urt. V. 19.10.2017 – 4 Ca 930/17), wenn in der Abmahnung eine Kündigung für jeden weiteren Pflichtverstoß angedroht wird. Nach Ansicht des BAG muss sich eine der Kündigung vorangegangene Abmahnung auf gleichartige Pflichtverletzung oder die gleiche Pflichtverletzung beziehen. Die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten müssen aus demselben Bereich stammen; Abmahnung und Kündigungsgründe müssen in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 818/06; ausf. Kleinebrink, Abmahnung, 3. Aufl., S. 120f.). Erweckt die Abmahnung den Eindruck, dass auch bei nur geringfügigen und gänzlich anders gelagerten Pflichtwidrigkeiten mit einer Kündigung gerechnet werden muss, verfehlt sie nach Ansicht des Gerichts ihre Warnfunktion gegenüber dem Arbeitnehmer. Sie ist unwirksam.

 

Die richtige Strategie:

Der Arbeitgeber sollte deshalb eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur für den Fall androhen, dass der Arbeitnehmer eine solche Pflichtverletzung, wie sie in der Abmahnung beanstandet wird, wiederholt oder eine gleichartige Pflichtverletzung begeht.

 

Musterformulierung:

„Sollten Sie eine derartige Pflichtverletzung wiederholen oder sollten Sie eine andere gleichartige Pflichtverletzung begehen, sehen wir uns leider gezwungen, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden.“

 

Der Arbeitgeber sollte ferner nicht eine bestimmte Art einer Kündigung (z.B. fristlose oder fristgerechte Kündigung oder Änderungskündigung) androhen. Nach einer älteren Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 1961 kann einem Arbeitgeber zwar auch dann fristgerecht kündigen, wenn er in der Abmahnung eine fristlose Kündigung angedroht hat. Ob das BAG hieran heute noch festhalten würde, ist allerdings zweifelhaft. Ebenso sollte nicht nur mit „Konsequenzen arbeitsrechtlicher Art“ in der Abmahnung gedroht werden, obwohl dies in der Vergangenheit vom BAG vereinzelt nicht beanstandet wurde. Nicht auszuschließen ist, dass auch eine solche Warnung als verfehlt angesehen wird, wenn der Arbeitnehmer später lediglich eine fristgerechte Kündigung erhält.

 

Siehe auch Kleinebrink, Abmahnung – Leitfaden für die Praxis 3. Aufl., 2017