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Tipp Nr. 101: Der strategische Umgang mit Gegendarstellungen bei der Vorbereitung von Kündigungen

Ein Arbeitnehmer ist berechtigt, vom Arbeitgeber zu verlangen, dass von ihm erstellte schriftliche Erklärungen zum Inhalt seiner Personalakte gemacht werden. Dieses Recht folgt aus § 83 Abs. 2 BetrVG. Von Arbeitgebern bzw. deren Personalverantwortlichen wird häufig übersehen, dass derartige Gegendarstellungen bei der Vorbereitung von verhaltensbedingten Kündigungen eine erhebliche Rolle spielen. Wird die insoweit ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung nicht beachtet, besteht für den Arbeitgeber die Gefahr, dass er allein aus diesem Grund im Kündigungsrechtsstreit unterliegt oder aber der Arbeitnehmer nur bereit ist, gegen eine hohe Abfindung einvernehmlich aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Ein fehlerhafter Umgang mit der Gegendarstellung kann damit betriebswirtschaftlich betrachtet erhebliche negative finanzielle und – insbesondere bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses – negative immaterielle Auswirkungen  haben.

Die falsche Strategie:

Die falsche Strategie ist, bei der Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung Gegendarstellungen nicht zu berücksichtigen.

Eine Gegendarstellung, die der Arbeitnehmer zur Abmahnung abgegeben und zur Personalakte gereicht hat, muss bereits dem Betriebsrat im Anhörungsverfahren vorgelegt werden (BAG 31.08.1989 – 2 AZR 453/88). Geschieht dies nicht, ist die Anhörung des Betriebsrats regelmäßig nicht ordnungsgemäß und die Kündigung bereits aus diesem Grund nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Die richtige Strategie:

Die richtige Strategie besteht deshalb darin, dass der Arbeitgeber bei der Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung durch Einsicht in die Personalakte überprüft, ob der betroffene Arbeitnehmer zu einer Abmahnung, die der Arbeitgeber zur Vorbereitung der Kündigung heranziehen will, eine Gegendarstellung abgegeben hat. Sollte dies der Fall sein, muss er im Anhörungsverfahren gegenüber dem Betriebsrat diesem nicht nur die Abmahnung, sondern auch diese Gegendarstellung nachweisbar vorlegen. Dies gilt auch dann, wenn er die Abmahnung nur für die Interessenabwägung zu seinen Gunsten heranziehen will, weil er der Auffassung ist, für den Kündigungsgrund an sich sei die Abmahnung nicht erforderlich oder aber es sich um eine Abmahnung handelt, in der eine Pflichtverletzung beanstandet wird, die mit der Pflichtverletzung, die zur Kündigung führt, nicht zumindest gleichartig ist.

Siehe zum Recht der Abmahnung auch die Gesamtdarstellung, Kleinebrink, Abmahnung, 3. Auflage 2016, erscheint im 4.Quartal 2016